Crymachina, der spirituelle Nachfolger von Crystar, ist ein Action-RPG im postapokalyptischen Setting, worin sich die Menschheit vollends selbst ausgerottet hat. Aber der Reihe nach…
Im späten 21. Jahrhundert steht die Menschheit kurz vor dem Aus. Eine Krankheit unbekannten Ursprungs, Centrifugal Syndrome, dezimiert die Bevölkerung nach und nach. Im Intro sehen wir die Menschen im Krankenbett dahinvegetieren. Unsere Protagonistin, Leben Distel, stirbt und kurz darauf sehen wir sie in einem leeren Raum, wo sie von Enoa begrüsst wird. Wir sind in Eden, einem Konstrukt im All, zweitausend Jahre nach dem Weltuntergang und Leben wurde, wie auch andere, auserwählt, sich zu beweisen, ob sie wieder ein Mensch sein kann.
Enoa ist eine von acht Dei Ex Machina, Programme auf Basis künstlicher Intelligenz, welche kurz vor dem Weltuntergang geschaffen wurden, in der Hoffnung die Menschheit wiederherzustellen. Jedes dieser Programme hat eine eigene Mission. Enoa’s Aufgabe ist es die Psyche des Menschen wiederherzustellen, dafür reproduziert sie die menschliche Seele in Persönlichkeitsdaten und setzt diese in Exoskelette namens E.V.E. ein. Ziel ist es ExP (E cross P) zu sammeln, um so mehr Menschlichkeit zu erhalten. Das wäre ja alles schön einfach, wären wir nicht in kriegsähnlichen Umständen. Propator, die erste der Dei Ex Machina und Aufseherin aller, ist verschwunden und Abgründe taten sich zwischen den Dei Ex Machina auf. Eona wurde von den anderen angegriffen und ihre Identitätsdaten unter jenen verteilt. Unsere Aufgabe ist es nun zurückzuschlagen und unter anderem Enoa wiederherzustellen. Zur Seite stehen uns noch zwei andere Mädels: Mikoto Sengiku und Ami Shido.
Das Spiel ist grundsätzlich sehr textlastig. Vor bzw. nach einer Mission sitzen wir jeweils bei einer Runde Tee beisammen und besprechen aktuelle Ereignisse bzw. lernen uns weiter kennen. Diese Tee-Partys sind in der Regel erforderlich, es gibt aber noch optionale, und müssen somit gehalten werden, damit wir auf überhaupt auf Mission gehen können. Außerdem bekommen wir dafür noch EGO-Punkte, auf die wir später weiter eingehen werden. Somit ist es auch lohnenswert die optionalen Tee-Partys abzuhalten. Da es sich im Spielsetting um eine virtuelle Welt handelt, sind Missionspunkte in der Regel wie Netzwerkknoten zu verstehen: Gateway, Checkpoint, Core und optionale Hosts. Optionale Hosts werden mittels Netzwerkadressen angesteuert, welche wir aus Data-Fragment-Drops im Level erhalten. Es lohnt sich also nach der Mission im Data-Log zu blättern. Wer von den Mädels auf Mission geht, hängt vom aktuellen Storyverlauf ab. Bei den optionalen Hosts haben wir die Wahl.
Das Spielprinzip ist recht simpel gehalten. Wir betreten die jeweiligen Level, welche mit maschineller Dominanz glänzen: Grosse geräumige Hallen, kalte Strukturen aus Metall, Kabel und Elektroschrott. Eine Minimap zeigt uns das Ziel an. Wir können frei umherlaufen und selten irgendwo herunterfallen; das gibt es nur in bestimmten Levels bzw. Levelabschnitten. Anfangs wirkt es noch etwas leer, aber mit Fortschreiten des Spiels gibt es deutlich mehr Variation in den Levels. Auch sollten wir die Umgebung genau beobachten, denn hier und da gibt es versteckte Data-Fragment-Drops oder Waffensysteme und Upgrades für unsere Exoskelette oder sogar Gateways zu Bonus-Levels. Wie solche versteckten Passagen erreicht werden, variiert von Level zu Level. Mal sieht man rote Lampen, die abgeschossen werden müssen, mal sieht man Kisten zum Draufspringen (oder zum Zerstören) oder es gibt einen Pfad der etwas leicht ausserhalb des Kamerawinkels angelegt ist. Innerhalb des Levels gibt es getriggerte Kampfzonen. Cherubim tauchen auf und wir müssen mehrere Wellen von ihnen besiegen, um weiter voran zu kommen. Am Ende eines Levels treffen wir entweder auf einen Demi-Cherub, andere E.V.E. oder eine Deus Ex Machina; je nachdem wo wir in der Story sind.
Die Kämpfe sind schnell und wild. Wie auch wir, haben die Cherubim die verschiedensten Waffensysteme, Kampfstile und eventuell auch Fallensysteme. Wenn auch das Kampfsystem herrlichstes Button-Mashing zulässt, ist das nur in den wenigsten Fällen empfohlen. Manche Gegner haben so brutale Attacken, die können einen mit zwei Schlägen direkt mal umbringen. Entsprechend gilt: Die gefährlichsten Gegner zuerst ausschalten, durchdachtes Button-Mashing (Kombos, Juggles) und immer rechtzeitig ausweichen. Dadurch dass auch jedes der Mädels ihren eigenen Kampfstil, sowie ihre eigene primäre Waffe besitzt, und auch entsprechende Konterattacken aufweisen, haben wir mächtig viel Abwechslung und Methoden zur Verfügung, die Gegnerhorden zu dezimieren. In brenzlichen Lagen, oder als Finisher, können wir mit dem Awakening-System so richtig die Sau rauslassen: Auto-Dodge bei Stillstand, nebst (Kombo-)Attacken mit deutlich mehr Wumms und deutlich mehr Bewegungsgeschwindigkeit. Wer gerne aus dem Hinterhalt den Kampf beginnt oder einfach nur an der Wand installierte Abwehrsysteme ausschalten will, der kann den Fernschussmodus aktivieren. Allerdings gibt es auch Gegner die zwingend auf diese Art abgeschossen werden müssen, und dies auch teils während eines regulären Kampfes! Für Abwechslung ist auf jeden Fall gesorgt und keines der Kampfsysteme verkommt dauerhaft auf der Parkposition.
Nun zu den Waffensystemen. Wir haben grundsätzlich die Primärwaffe, pro Charakter unterschiedlich, Kopf-, Torso- und Taillenausrüstung, sowie zwei Auxiliare Systeme. Die Auxiliaren Systeme geben dem ganzen Spektakel den letzten Feinschliff. Es stehen verschiedene Kategorien zur Auswahl: Schilder, Kampfwaffen, Interferenzwaffen; um ein paar zu nennen. Jedes dieser Systeme gibt es in verschiedenen Raritätsstufen. Entsprechend haben diese auch verschiedene Statuswerte und Attribute. Ganz toll ist, dass einem die Freiheit gegeben wird, die verfügbaren Angriffsmodi so zu konfigurieren, wie es einem am besten gefällt. Darüber hinaus finden wird noch Booster, die einmalig angewendet werden können, um so den Systemen Buffs hinzuzufügen. Damit dies nicht in Overkill-Konfigurationen endet, sind diese Systeme an ein Nutzungssystem gebunden. Das bedeutet, jede Konfiguration hat einen bestimmten Nutzungsfaktor und jeder Charakter einen individuellen maximalen Nutzungswert pro System. Hat das System diesen Nutzungswert ausgereizt, so gibt es eine Cooldown-Phase in der das jeweilige System nicht genutzt werden kann.
Die Exoskelette der Mädels dürfen natürlich auch aufgerüstet werden. Einerseits via ExP-System, welches effektiv in Level umgesetzt wird. Diese Level sind nach Storyverlauf begrenzt. Gesammelte ExP landen in einem globalen Topf für alle. Somit können wir mit besser ausgestatteten Charakteren etwaige Bonuslevel absolvieren und die anderen profitieren auch davon. Daneben gibt es noch das EGO-Punktesystem. Hiermit lassen sich verschiedenste Attribute wie Ausrüstungskompatibilität, Angriffskonzentration, Selbstreparaturfaktor und diverse andere Werte hochzüchten. EGO-Punkte bekommt man nach Tee-Partys, Beenden von Levels, sowie durch Zerlegen von Waffensystemen und Ausrüstung.
Nebst dem Aufrüsten der Exoskelette, kann auch das Support-System von Enoa verbessert werden. Enoa bietet uns diverse aktive Supportmechaniken wie u.a. Heilung, Fernangriff, Awakening oder passive Mechaniken wie bessere Acquisition von ExP oder Analyse von Schwachstellen von Gegnern, also zum Beispiel höhere Wahrscheinlichkeit für kritische Treffer. Letztlich können mit EGO-Punkten bei einem Dealer am Anfang jedes Levels Fragmente erworben werden; rein zufällig. Diese enthalten Ausrüstung, Waffensysteme oder anderes; ein kleines In-Game-Gacha sozusagen.
Fazit:
Crymachina hat mir mächtig Spass gemacht! Das Worldbuilding geschieht Schritt für Schritt mittels Passagen am Anfang und Ende eines Levels und der Tee-Partys. Man lernt die Charaktere kennen, ihre Vorlieben, ihre Abneigungen, sie lernen sich gegenseitig kennen und auch wie die Welt von Eden funktioniert. Es gibt hier und da unerwartete Plot-Twists; alles in Allem sehr stimmig gehalten. Die Levels schauen echt imposant aus und beschränken sich auf feinstes Hack’n’Slash. Hier und da gibt's mal kleinere Puzzle-Passagen und dank der Minimap verläuft sich der Spieler kaum; auch nicht in grösseren Hallen. Die Gegner, besonders die Bosse, sind ab und zu mal von der härteren Sorte, aber trotzdem kommt nur selten Frust auf. Meist liegt der Fehler bei einem selbst: Zu grosse Level-Differenz, falsches Waffensystem angelegt, Bossmechanik nicht verstanden; um ein paar zu nennen. Die vielen Kampfsysteme, die etwaige Individualisierung jener, sowie der Charaktere, gibt viel Freiraum zum Experimentieren und belohnt den Spieler ohne Verzug, wenn der nächste Boss in anstatt zehn Minuten, in knapp zwei erledigt ist. Wem also viel Lesen nicht die Scheu zu Tage bringt, und das eher simple Missionssystem nichts ausmacht, der bekommt mit Crymachina ein echt feines Action-RPG/Hack’n’Slash geliefert. Schaut euch am besten noch den Gameplay-Trailer oben an, um euch selbst ein Bild zu machen.
Crymachina gibt's für PC, PlayStation 4 und 5 sowie Nintendo Switch. Wir haben uns das Spiel auf einer PS5 angesehen. Das Test-Muster stammt von Plaion, wofür wir uns herzlich bedanken.
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