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The(G)net Review: Mortal Shell

Für Freunde des Soulsborne Genres sah es dieses Jahr ziemlich mau aus. Bis auf Nioh 2 gab es kein frisches Futter für Joypadmasochisten. Cold Symmetry springt unverhofft in die Bresche und versucht mit Mortal Shell der harten Konkurrenz Paroli zu bieten.



Getreu From Softwares Motto: Weniger ist mehr, wird auch in Mortal Shell kein grosser Storybogen gespannt. Als Findling, einer Art Skelett, gemischt mit dem Aussehen eines Prometeus-Aliens, werdet ihr kurz durch ein Tutorial geschleust, ehe ihr mit einem Zweihänder und kompletter Ritterrüstung in der dunklen Fantasywelt von Fallgrim aufwacht.



Mortal Shell bedient sich beim Spielsystem und der Visualisierung stark an Dark Souls. Unser Held rollt, weicht mit Rück- oder Vorwärtsschritt aus, verdrescht die Fieslinge mit zwei verschiedenen Schlagvarianten und sammelt Tar und Eindrücke (Skillpunkte) von gefallenen Gegnern ein. Natürlich sind alle Aktionen mit der Staminaleiste verbunden. Wer nur wild draufhaut, ohne den Ausdauerbalken im Auge zu haben, kommt nicht weit. Im Gegensatz zum Genreprimus ist Blocken nicht erlaubt, es gibt keine Schilde. Dank der Verhärten-Fähigkeit erstarrt ihr kurz zur Steinstatue und negiert so den Schaden des Angriffs und könnt euren Schwertcombo nahtlos weiterziehen. Nach ein paar Sekunden Aufladezeit ist der Skill dann wieder aktiv. Zusätzlich lassen sich die meisten Angriffe parrieren. Bei Erfolg stibizt ihr eurem Gegner ein gutes Stück Lebensenergie.



Gekoppelt wird das Ganze mit Entschlossenheitspunkten. Je mehr Gegner ihr abmurkst, umso schneller laden sich der dritte Anzeigebalken auf. Investiert werden die EPs in Spezialattacken, Weaponbuffs, Parrierzusätze oder ihr tretet dem Fiesling mit einem Fusstritt in den Unterleib. Rüstungsshops und Charakterklassen existieren im Sinne von Dark Souls nicht. Der Findling schlüpft in gefundene Rüstungen, die Shells, und übernimmt deren Fähigkeiten. Insgesamt 4 unterschiedliche Shells kann sich der Findling unter den Nagel reissen, aber nur unter zwei Bedingungen: A. Er muss zuerst die Rüstung in der weiträumigen Welt finden und B. Er kann jeweils nur eine Shell benutzen, wilden Rüstungswechsel gibt es nicht.



Zu Beginn ächzt ihr in einem klobigen Ritterschutz rum und rollt durch die Gegend. Später könnt ihr zu Tiels agileren Rüstung mit mehr Stamina und flinkerem Ausweichen wechseln. Specialmove lastige Spieler nehmen Solomon oder wer mehr Lebensenergie, aber weniger Schlagkraft möchte, legt sich das Outfit von Eredrim an.



Segnet unser Held das Zeitliche, wird er sprichwörtlich aus der Hülle katapultiert. In diesem Status ist der Findling zwar sehr verletztbar - ein Schlag und Game Over - doch hat er mit einer Staminabar bis zum Mond die Ausdauer eines Marathonläufers. So lockt er die Feinde, sprintend von seiner Shell weg, um sie kurz danach wieder in Besitz zu nehmen (theoretisch ist das Game auch ohne Shells spielbar. Viel Glück dabei!).



Ähnlich wie bei Sekiro gilt dies als zweite Chance, verliert ihr nochmals, ist endgültig Ende, die Tar-Seelen futsch und ihr startet vom letzten Checkpoint bei Schwester Genessa. Unterwegs trifft ihr immer wieder auf diese nette Dame, die nicht nur sämtlichen Lebensenergieverlust auffüllt, sondern auch eure Shells mit obenerwähnten Tar und Einsichten mit neuen Fähigkeiten aufrüstet und euch stets mit einem netten Wort aufmuntert. Gelegentlich stösst ihr auf einen verlassenen Amboss, auf dem ihr eure Waffe verbessern könnt, vorausgesetzt ihr habt das korrekte Upgrade gefunden. Diese sind in der ganzen Mortal-Welt in Schatzkisten und Truhen verteilt.



Und auch die Waffen liegen in Mortal Shell nicht einfach rum. Kriegerstatuen bewachen an gewissen Plätzen neue Schwerter, Lanzen etc., und nur wenn ihr den dazugehörigen Miniboss besiegt, gibt's die Klinge und dann auch nur solange, bis ihr wieder zur einer anderen Waffe wechselt. Insgesamt gibt es 4 unterschiedliche Klingen. Geheilt wird klassisch mit dem D-Pad, doch die Pilze und andere Nahrung muss zuerst gefunden, gepflückt oder beim dicken Händler gekauft werden. Kompass, Minimap oder dergleichen sucht der digitale Pfadfinder vergebens. Lediglich kurze Einspieler bei Schreinen weisen euch vage in Richtung der unterschiedlichen Shells.



Fazit:

Die Grenze zwischen Hommage und schamlosem Abkupfern war schon immer ein Kritische. Und Mortal Shell balanciert auf dem schmalen Grat wie kaum ein anderes Spiel zuvor. Schon nach den ersten Spielminuten dachte ich, dass ich einen neuen From Software Titel spiele. Nicht nur die Grafik, auch das Gameplay mit den zähen Animationen, die Gegnertypen, die Levelarchitektur, der Ladebildschirm, alles könnte direkt aus Dark Souls stammen. Wenn man bedenkt, dass nur 15 Mann daran gewerkelt haben, dann ist das - egal wie gut das Spiel ist - eine beachtliche Leistung. Als alter Soulsjunkie kann ich aber sagen, Cold Symmetry hat vieles richtig gemacht. Ein paar kleine Unebenheiten stören trotzdem. Eine Schnellreiseoption fehlt leider und wer backtracken möchte, läuft wie ich Gefahr irgendwo festzusitzen, mir ein kleiner Bordstein den Rückweg versperrt und ich einen kompletten Neustart hinlegen muss. Auch Klippen- und Kantenstürze nerven, besonders wenn man seine Tar-Seelen nicht mehr zurückholen kann, weil sie irgendwo in der Levelarchtektur hängen und ich sie zwar sehe, aber nicht mehr rankomme. Da kann schon mal ne halbe Stunde Rummetzeln umsonst sein. Und warum ich jedes neue Item zuerst einmal benutzen oder konsumieren muss, um deren Funktion zu erfahren, erschliesst sich mir nicht, auch wenn es nur ein kleines, aber unangenehmes Detail ist.


Das Kampfsystem funktioniert einwandfrei und wer das Verhärten meistert, legt die Gegner reihenweise ohne Anstrengung auf die Matte. Aber aufgepasst, die Lernkurve ist sehr steil, Checkpoints selten und die Feindes KI extrem aggressiv. Die greift euch gerne auch mal in kleineren Gruppen an. Sterben ist hier an der Tagesordnung und langsames Vorgehen von Vorteil, denn hinter jeder Abbiegung könnte euch ein hinterhältiger Schuft überraschen. Cold Symmetry erfindet das Rad nicht neu, müssen sie auch nicht. Ich bin mehr als zufrieden mit dem Endprodukt und knapp auf den Punkt gebracht: Mortal Shell ist ein Dark Souls in Extraschwer. Wer Bloodborne, Nioh, The Surge und Sekiro abgefrühstückt hat, muss zugreifen! Genreneulinge sollten sich aufgrund des saftigen Schwierigkeisgrades aber einen Kauf gut überlegen.




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