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(G)Story: Games as a Service: Das Krebsgeschwür der Spiele-Branche?

Fortschrittssysteme, die viel Grinding erfordern. Langweiliges Quest-Design. Masslose Repetition. Manipulative Psycho-Tricks und Glücksspieltechniken, die dir das Geld aus der Tasche ziehen oder dich dazu verführen länger zu spielen, als du es normalerweise tun würdest. Willkommen bei den "Games as a Service".


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Nähern wir uns einer Zukunft, in der Spiele, die nur einmalig gespielt werden, ein Auslaufmodell sind? Könnten beständige Inhaltsupdates, Battle-Pässe und DLC-Roadmaps das zentrale Paradigma für die Zukunft der Videospiele sein?


Stand heute: Games as a Service (kurz: GaaS) haben sich durchgesetzt. Es gibt zwei Gattungen davon; die kostenlose Free-to-Play Variante und die Triple-A Version zum Vollpreis. Gerade wenn ein Publisher den Vollpreis verlangt, müssen wir genauer hinschauen. Dort liegt die Schmerzensgrenze sehr viel tiefer, da man ja bereits Geld ausgegeben hat, um sich das Spiel zu kaufen. Meist kommt das Service-Game immer gut getarnt mit fantastischer Grafik und einer „sau-coolen“ Präsentation daher. Ein Trick, der uns blenden soll, damit wir gleich Feuer und Flamme sind und die etwaigen Negativpunkte in den Hintergrund geraten.


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Der erste Trailer zu Anthem liess uns verblendet zurück, dank sensationeller Grafik

In den letzten Jahren schossen GaaS-Spiele wie Unkraut aus dem Boden und viele davon, wenn nicht sogar die meisten, sind schon wieder Geschichte. Schmunzelnd erinnere ich mich an Evolve, Battleborne, Anthem, Marvel’s Avengers, Lawbreaker, Crossfire X, Babylon‘s Fall, Paragon, Hyper Scape, Radical Heights… die Liste der fehlgeschlagenen Service-Games scheint endlos und ist dabei bei weitem nicht komplett. Die Diskussion um den Stellenwert der GaaS wurde erst kürzlich nach dem Release von Suicide Squad: Kill The Justice League wieder neu entfacht.


Das Hauptproblem, das bei der genaueren Untersuchung dieser Titel auftaucht, sind meist Bugs, Server-Probleme, der Mangel an Inhalten (Stichwort: End-Game), ein langweiliges Missions-/Quest-Design und nicht zuletzt eine aggressive Monetarisierung. Im Verhältnis dazu bleibt der Spielspass mehr und mehr auf der Strecke. Meist ackern wir uns mit repetitiven Aufgaben und immer gleichen Abläufen wie in einem Hamster-Rad zum vermeintlichen Erfolg.


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Ständige Inhaltsupdates sollen die Spielerfahrung frisch halten. Wer hat den Überblick?

Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, wo man ganz locker und easy in ein Mehrspieler-Game einsteigen konnte, wenn man zum Beispiel von der Kampagne gelangweilt oder damit fertig war. Ich erinnere mich daran, dass ich Online-MP-Spiele selbst ohne Fortschrittssystem gern gespielt habe, einfach nur weil sie Spass machten. Heutzutage musst du erst einmal drei grosse Hürden überwinden - zumindest auf Konsolen. A) für PS Plus- oder Xbox Game Pass Core Abo (ehemals „Xbox Live“) bezahlen, B) Geld für einen Battle- oder Season-Pass ausgeben und C) enorm viel Zeit haben. Bist du dann im Spiel, tippt dir von hinten ständig ein imaginäres Etwas auf die Schulter und will noch mehr Kohle sehen, sei es für Skins (wir wollen uns optisch ja von der Masse abheben) oder für Time-Savers im Season- bzw. Battle-Pass (ich bin doch Familien-Vater und hab am Abend nur eine Stunde Zeit, will aber trotzdem alle Inhalte).


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Dota 2 führte 2013 den ersten Battle Pass ein und gilt als Erfinder dieses Geschäftsmodells

Ich sage nicht, dass Multiplayer Spiele heute generell keinen Spass mehr machen. Einige Exemplare schaffen den Spagat. Es kommt jedoch immer dieser ganze zusätzliche Ballast hinzu, der mir manchmal einfach die Freude an der Sache nimmt. Kein Wunder also, dass ich Single Player Spiele bevorzuge und mir die ganzen neumodischen Einfälle der letzten 10 Jahre das Interesse am kompetitiven Spielen fast gänzlich genommen haben. Zumal jene nur dazu da sind, den Machern noch mehr Kohle einzubringen. Vielleicht bin ich mit dieser Mentalität in der Minderheit, damit kann ich aber leben. Ich sehe einfach nicht ein, wie diese Praktiken für uns Spieler irgendeinen Vorteil haben sollen.


Und dann lese ich in einem kürzlich von Griffin Gaming Partners veröffentlichten, 47 Seiten umfassenden Bericht, dass unglaubliche 95% der im Jahr 2023 untersuchten 537 Spiele-Studios und Entwickler in irgendeiner Form an einem Live-Service-Spiel arbeiten. Selbst die „letzte Bastion der guten Single Player Games“ (Sony PlayStation) will sich mehr und mehr mit Service-Games befassen. What the...!? Auch krass; 66% dieser untersuchten Studios stimmten zu, dass Live-Service-Spiele für den langfristigen Erfolg von Titeln heute "absolut notwendig" sind. Hä??


Diese Entwicklung macht mich traurig und erfüllt mich mit grosser Sorge. Interessant dabei ist, dass man sich als Entwickler mit diesem Geschäftsmodell selbst neue Probleme schafft. Eine komplizierte Datentechnik, die Bereitstellung von Live-Diensten und Servern, hohe Abwanderungsraten und Umsatzeinbussen, die durch Fehler, Ausfälle, Genre-Konkurrenz und Social-Media Shitstorms verursacht werden, um nur ein paar zu nennen. Entwickler betonen, dass mit zunehmender Komplexität auch die Produktionskosten der Spiele steigen und das Testen immer schwieriger wird, weswegen viele auf automatisierte Testprozesse setzen. Kein Wunder, dass so viele davon mit haufenweise Bugs erscheinen.


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Das Original World of Warcraft gilt als das aller erste Service-Game

Dabei ist die Idee hinter dem „Game as a Service“ im Grunde keine schlechte. Theoretisch müsste ich das Konzept lieben, denn ich investiere gern viel Zeit in ein einziges Spiel und mag es, mich richtig darin zu verbeissen und das letzte herauszukitzeln. Die Umsetzung ist heute aber fast durch die Bahn eine Katastrophe. Es fehlt vor allem an kreativen Ideen. Ein Service-Game sollte ein lohnendes, fesselndes Erlebnis sein, das die Langeweile vertreibt, die man nach Hunderten von Stunden mit demselben Spiel unweigerlich verspürt.


Es gibt einen Grund, warum die Leute heutzutage stöhnen, wenn sie "Service Game" hören. Oft wird dieses Modell nicht auf eine gesunde Art und Weise angewandt, sondern als Versuch, uns durch äussere Emotionen stärker an ein Spiel zu binden. Die Angst, etwas zu verpassen (Fear Of Missing Out oder kurz FOMO) ist die offensichtlichste und bekannteste Art, wie sich das äussert. Beispiel: Für eine begrenzte Zeit kannst du diese oder jene Inhalte bekommen, und wenn du in diesen Tagen oder Wochen nicht spielst, dann ist’s vorbei! Diese starke psychologische Anziehungskraft ist sehr gut dokumentiert und erforscht. Das ist einfach nur unglaublich stressig und hat mit Spass oder Entspannung, also die Hauptgründe warum wir spielen, überhaupt nichts zu tun.


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Angst, etwas zu verpassen? Die Idee der zeitlich begrenzten Inhalte haben wir Fortnite zu verdanken

Ehrlich gesagt finde ich nicht, dass Spiele uns absichtlich stressen sollten. Ja, Spiele können manchmal durch die Spielmechanik oder eine extreme Herausforderung sowas wie Stress verursachen, aber die Absicht dahinter ist dann eine komplett andere (siehe z.B. das Soulslike Genre). Im Kern geht es bei FOMO nur darum, die Leute so sehr unter Druck zu setzen, dass sie weiterspielen, auch wenn sie gar nicht mehr wollen. In fast jedem Vertreter dieser Gattung gibt es etwas, das zeitlich begrenzt ist, sei es ein Battle Pass Item, eine Waffe, Kostüme oder gleich ganze Events. Heute gehen wir schon fast automatisch davon aus, dass es halt so sein muss. Dabei gäbe es weiss Gott bessere Möglichkeiten Spieler über lange Zeit bei der Stange zu halten. Halo Infinite hat das ganz gut hinbekommen.


Hinzu kommt eine völlige Übersättigung. Jeder Publisher braucht mittlerweile mindestens zwei Vertreter dieser Art von Spiel in ihrem Portfolio. Als Folge davon wird der Markt völlig überflutet, so dass kein Spiel mehr für sich allein atmen kann. Sie fangen an sich gegenseitig zu verdrängen. Wir haben schlicht gar keine Zeit, um uns um mehr als zwei Spiele dieser Art zu kümmern. Wenn so viele verschiedene Spiele das GaaS Modell übernehmen, wird unser Zeitplan immer voller. Schlussendlich können wir das Spiel gar nicht mehr richtig geniessen. Das ist nicht nur für uns Gamer ein Albtraum, sondern auch für die Entwickler und Publisher. Häufig springen wir nämlich einfach vom Zug (oder erst gar nicht auf) und wenden uns anderen Spielen zu.


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Pay-to-Win? Black Ops 4 Loot- und Reserve Crates droppen auch OP-Waffen

Das Stigma zwischen Spielern und Entwicklern ist in den letzten Jahren schon genug stagniert und hat dazu geführt, dass die Publisher verzweifelt und mit allen Mitteln versuchen, möglichst schnell Inhalte zu veröffentlichen, um eine Rendite einzufahren. Darunter leidet die Qualität enorm. Aufgrund dieses Drucks haben Unternehmen eine Art "Parasiten" erschaffen, der uns dazu verleitet, alle verfügbaren Inhalte mit Echtgeld zu beschaffen. Zeit und Lust für den grossen "Grind" haben nur die wenigsten, das wissen auch die Macher. Praktiken, die nicht selten zur Gattung Pay-to-Win gehören, haben nachwirkend Titel wie das berühmt-berüchtigte Battlefront 2 oder das vieldiskutierte Call of Duty Black Ops 4 zerstört und zu grossem Unmut in der Community geführt.


Das gilt natürlich nicht für alle Spieler, denn nicht jeder ist ein „Core Gamer“, der viele verschiedene Games spielen will. Jemand, der nur ein Call of Duty kauft und sonst nichts, ist wahrscheinlich ganz zufrieden damit, dass sein einziges Spiel immer umfangreicher wird. In diesem Kontext funktioniert das Modell natürlich gut. Aber wenn du gerne mehrere Spiele spielst und ein breiteres Spektrum an Erfahrungen sammeln möchtest, wird das schnell zum Problem. Es ist schwer, das coole neue RPG zu spielen, wenn das Service-Game nebenan dir mitteilt, dass es neue Belohnungen gibt, die du vielleicht verpasst, wenn du dich jetzt nicht sofort einloggst. Das schränkt die Vielfalt der Spiele ein, die wir spielen könnten. Spiele, mit denen wir vielleicht mehr Spass oder bessere Erfahrungen hätten.


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Star Wars Battlefront 2: Nicht vergessen täglich einzuloggen!

Ich persönlich glaube, dass es nur eine Lösung für dieses Problem gibt. Entwickler sollten sich genau überlegen, ob sie aus ihrer Idee nicht lieber ein kurzes, knackiges Single Player Game machen, vielleicht mit ein paar bezahlbaren Skins oder einer Story-Erweiterung für zusätzliches Einkommen. Publisher hingegen dürfen fähige Teams nicht für Spiele missbrauchen, die ihnen eigentlich gar nicht liegen (siehe z.B. Rocksteady oder Crystal Dynamics). Als eine Art kollektive Kraft muss die gesamte Spielebranche endlich realisieren, dass dies kein nachhaltiges Modell ist, auf das jeder einfach so aufspringen kann oder will. In vielen Fällen wird zu viel kreative Energie und Geld verschwendet. Das ist in unserem Kapitalismus leichter gesagt als getan, denn Service-Games scheinen nach wie vor profitabel. Viele Leute kaufen sich Skins, einen Battle Pass und dergleichen. Kein Wunder ist Profit der einzige Grund, der kreative Medien im Moment antreibt. Je mehr wir auf dieses Problem aufmerksam machen und je mehr wir "mit unserem Portemonnaie abstimmen", desto deutlicher wird die Botschaft an diejenigen, die das System weiterhin missbrauchen. Als Konsument sollten wir unsere Ansprüche wieder nach oben schrauben, nicht jeden Scheiss kaufen oder gar vorbestellen und In-Game Käufe auf ein absolutes Minimum reduzieren.


Letztendlich hasse ich Service Spiele nicht. Nur wenige Menschen haben z.B. Einwände gegen die Games-as-a-Service-Angebote von Fortnite, Dota oder World of Warcraft. Man kann auch gute Service-Games machen. Was es aber gibt, ist Hass darauf, dass Games as a Service oft nicht mehr sind als halbfertige Spiele, die uns ausbeuten ohne Spass zu machen. Bei Free-to-Play Titeln wiegt das natürlich weniger schwer als bei Vollpreis-Spielen. Und wenn die Macher dann noch sagen: "Es ist ein Service-Game, wir werden auf euch hören und alles mit kommenden Updates und Patches fixen“, ist das einfach nur nervig, anstrengend und extrem enttäuschend. Floppt das Spiel dann, werden ganze Studios geschlossen und Leute auf die Strasse gestellt.


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Suicide Squad: Service Game zum Vollpreis. Immerhin sind alle kommenden DLCs kostenlos

Das ist auch der Grund, warum Games as a Service so negativ behaftet sind. Dabei müsste das gar nicht sein, denn mit der Idee, ein Spiel ständig zu aktualisieren, eröffnen sich viele interessante Möglichkeiten. Im Grunde eine grossartige Sache, die nicht per se schlecht ist. Leider scheint es so, als hätten Entwickler zunehmend keine Ahnung mehr, was ein gutes (Service-) Spiel ausmacht und die Publisher scheinen nur noch auf Profit aus. Wir sollten diese unrühmliche Entwicklung im Auge behalten und uns gegen verbraucherfeindliche Praktiken wehren, damit der gesunde Kern des Service-Spiels und der Spass an unserem Hobby erhalten bleibt. Wird das in absehbarer Zeit passieren? Ich bezweifle es, gebe die Hoffnung aber nicht auf.


Gratis-Tipp für alle Publisher:

Haut wieder vermehrt kurze, knackige Single Player Games raus! Wie damals zu guten alten PS3/360 Zeiten. 8-10 Stunden reichen dabei völlig. Gerne auch mal wieder mit linearen Levels und cineastischer Inszenierung. Es muss nicht immer Open World oder PvP sein. Ihr könntet davon mehrere Exemplare im Jahr veröffentlichen und die würden auch nur einen Bruchteil an Entwicklungs- und Betriebskosten eines Service-Games verursachen. Win-Win!


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