The(G)net Review: Fe
- Sascha Böhme
- 19. Feb. 2018
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Dez. 2024
Nach Zombie Vikings und Stick It To The Man erscheint mit Fe bereits das dritte Spiel der kreativen Köpfe aus Göteburg. Das unabhängige, schwedische Studio Zoink Games veröffentlicht unter der Schirmherrschaft des "EA Originals-Programms" ein märchenhaftes Abenteuer, welches uns bereits zur E3 2017 sofort in den Bann gezogen hat.

Fe ist etwas ganz Spezielles, das wird bereits von der ersten Minute an klar. Wir werden in die pastellfarbene Welt geworfen, ohne Hinweise was zu tun ist. Neugierig laufen und springen wir durch den verschneiten Wald und treffen schon bald auf die ersten Bewohner. Sind sie uns wohl gesinnt? Werden sie uns angreifen? Vorsichtig nähern wir uns einem kleinen, Reh-änlichen Wesen. Scheu scheint es nicht zu sein, es kommt auf uns zu, fängt an zu singen. Es scheint, als wolle das kleine Ding mit uns kommunizieren - oder vielmehr musizieren. Also beginnen auch wir durch leichten Druck auf die L-Taste zu Singen, ganz behutsam und leise, schliesslich wollen wir es nicht erschrecken. Haben wir die richtige Tonlage getroffen schwingen unsere beiden Stimmen im Einklang, worauf wir uns mit dem Wesen anfreunden und auf seinem Rücken Platz nehmen dürfen... und so beginnt die wundersame Reise durch eine der faszinierendsten Spielewelten der letzten Jahre.

Fe's primäre Fähigkeit ist, sich die Stärken anderer Kreaturen zu Nutze zu machen. Dafür müssen wir uns mit der jeweiligen Gattung anfreunden. Dies wiederum setzt voraus, dass wir zuvor dessen "Sprache" erlernt haben. Nicht jeder Waldbewohner ist uns anfangs freundlich gesinnt. Also versuchen wir zu helfen wo wir können. Um die Sprache der Vögel zu lernen, müssen wir beispielsweise die Eier eines gigantischen Muttervogels wieder beschaffen, die von "den Geräuschlosen" gestohlen wurden. Diese unheimlichen Wesen treiben überall in der Welt ihr Unwesen, scheinen es auf die Flora und Fauna abgesehen zu haben. Sie bringen scheinbar Ungleichgewicht und Verderben in das fragile Ökosystem. Aber wer sind sie? Woher kommen sie und was wollen sie genau? Dies gilt es in dem rund 5-stündigen Abenteuer heraus zu finden.

Da das Spielerlebnis vollkommen ohne Worte auskommt, muss Fe im Laufe ihrer Reise die Sprache des Waldes erlernen und ihre Stimme der Tonlage zahlreicher Pflanzen und Tiere anpassen, um neue Fähigkeiten zu erlernen, die ihr auf ihrem Weg weiterhelfen. Von den bereits erwähnten Vögeln lernen wir Knospen zu öffnen, um darin enthaltene Samen zu entnehmen, mit welchen wir Barrieren der Geräuschlosen zerstören. Ausserdem lassen sich durch Vogelgesang Eulen dazu bewegen, uns auf eine Flugreise mitzunehmen und so an Orte zu reisen, die sonst unereichbar wären. Von den kleinen Äffchen lernen wir das Klettern und können fortan jeden Baum erklimmen und von Wipfel zu Wipfel hüpfen. Jede neue Fähigkeit erschliesst neue Gebiete in der grossen, offenen Spielewelt. Trotz "Open World" gelten bekannte Genre-Konventionen jedoch nicht. Sammelobjekte gibt es abseits der Upgrade-Kristalle zum Beispiel keine. Auch die Umgebungskarte zeigt jeweils nur einen nächsten Wegpunkt an, welchen es zu erreichen gilt. Wie wir dort hin kommen, bleibt unserer Experimentierfreude überlassen. Zeitdruck gibt es keinen. Kämpfe, Bossgegner oder Aggression? Fehlanzeige. Hier wird gerettet, geholfen und gesungen! Selten hatte ein Spiel eine derart positive Ausstrahlung.

Es ist beeindruckend, wie viele frische Ideen in Fe stecken, ohne dass es sich wie eine Ansammlung von unausgereiften Konzepten anfühlt. Zoink Games versteht es vorzüglich, sich die Neugier, den Forscher- und Entdeckungsdrang von uns Spielern zu nutze zu machen. Das Spiel ist in verschiedene Bereiche aufgeteilt, die jeweils ihre eigene Vielfalt an Wildtieren bereit hält. Es gibt kleine, grosse und SEHR grosse Tiere. Einige davon stellen sogar die Riesen aus Shadow of the Colossus in den Schatten. Welche Fähigkeiten ihr von ihnen bekommt und was ihr damit tun sollt, möchten wir hier gar nicht weiter erläutern, schliesslich sollt ihr das Spiel genau so unbefangen und ahnungslos erleben können wie wir. Das macht das Ganze erst zum Erlebnis!

Auf der technischen Seite gibt es keinen Grund zur Klage. Das Spielgeschehen lief auf unserer Xbox One X stets flüssig und in knackscharfem 4k. Einzig ein Bug gegen Ende des Spiel hinderte uns kurzfristig am Weiterkommen, da ein Tier in der Umgebung fest steckte, welches uns eigentlich helfen sollte. Nach dem Laden des letzten Checkpoints war dieses Problem zum Glück behoben. Nett ist auch, dass es selbst nach dem Abspann noch so einiges zu entdecken gibt.
Eine Challenge ist das Spiel jedoch zu keiner Zeit. Fe richtet sich an diejenigen, die eine faszinierende, geheimnissvolle Welt erkunden wollen, ganz ohne Stress und Zeitdruck. Hier geben sich Aha-Momente, seltsame Überraschungen und absurde Kuriositäten die Klinke in die Hand. Gepaart mit dem stilvollen, abstrakten Art-Design und der hypnotisierenden Musikuntermalung und Farbgebung ist Fe zu guter Letzt auch ein Paradebeispiel dafür, dass Videospiele eben doch auch Kunst sind.
Fazit:
Zoink Games hat in allen Belangen ausserordentliche Kreativität bewiesen, angefangen von der tollen Optik, über die märchenhafte Musik, die spielerische Interaktion mit Flora und Fauna, bis hin zur Herz erwärmenden Geschichte um ein zerstörtes Ökosystem. Die Reise der kleinen Fe durch das pastellfarbene Wunderland und die Rettung des selben ist ein wahrlich unvergesslicher Trip, den sich jeder Gamer gönnen sollte. Fantasie pur und herrlich erfrischend!

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