Mit Mirror's Edge Catalyst rebootet der Entwickler EA seinen damaligen Runnerhit und katapultiert ihn in die Zeit der Open-Worlds. Wie sich der Parcourrunner in diese einpflegt und ob das Game immer noch so überrascht und frischen Wind in die Gamewelt bring wie damals, haben wir uns angeschaut.
Fast acht Jahre ist es her, dass Mirror's Edge seine Kurierläuferin Faith behände über die Dächer der Stadt Glass springen lies, sie geschickt über Mauern oder akrobatisch über Zäune jagte. Diese Art zu spielen war damals ganz neu und erfrischend, dennoch erreichte das Game nicht die Verkauszahlen, die sich der Publisher Electronic Arts erhofft hatte. Um so überraschender war dann die Ankündigung eines Nachfolgers. Mirror's Edge Catalyst ist keine Weiterführung der Serie sondern ein Reboot des Runnerhits. Er radiert die Geschichte des Vorgängers komplett aus und erzählt von einem ganz neuen Schicksal von Faith Conners und ihrem Leben in der Open-World der Stadt Glass.
In jungen Jahren verlor Faith ihre Familie in den Aufständen. Ihre Eltern waren entschiedene Gegner der Einmischung von Firmen in die demokratische Regierung und standen ganz vorne in der schnell wachsenden Bürgerrechtsbewegung. Bei einer weiteren friedlichen Demonstration gegen das Konglomerat, in dem die KrugerSecGroup, die grösste Sicherheitsfirma des Landes, die Polizei unterstütze, kam es zu verschiedenen Aufständen. Tausende wurden verletzt, viele verloren ihr Leben, so auch Faiths Familie. Sie selbst wurde von einem guten Freund ihrer Eltern gerettet, welcher zu ihrem Ziehvater wurde und sich von nun an um sie kümmerte. Noah, Anführer der Runner Group, die in der Stadt Glass Kurieraufträge erledigen, zog Faith hoch über den Dächtern der Stadt auf, und so wuchs sie von klein auf in ihren Laufschuhen heran.
Die Geschichte fängt damit an, dass Faith aus dem Jugendgefängnis entlassen wird. Warum sie gesessen hat, erfahren wir im Spiel allerdings nicht. Wer möchte, kann dies und mehr im Comic Exordination nachlesen. Von nun an begleiten wir die Runnerin auf ihrer Suche nach Gerechtigkeit hoch über den Dächern von Glass.
EA versucht uns zwar Faith und ihr Schicksal mit zahlreichen Rückblenden und Videosequenzen nahe zu bringen um mit der Protagnoistin zu sympathisieren, doch gelingt das nicht wirklich. Die Rückblenden sind zwar filmisch gut umgesetzt, wirken jedoch zu oberflächlich als dass der Spieler sich wirklich mit Faith verbunden fühlt oder ihre zahlreichen, oft fragwürdigen Entscheidungen auch nur im geringsten nachvollziehen kann. Diese machen sie eher unsympatisch und der Spieler kann sich nur schwer mit ihr identifizieren, vorallem wenn sie ohne Gewissensbisse das Leben von Freunden und Bekannten riskiert, ohne dabeu auch nur mit der Wimper zu zucken.
Das gleiche gilt für die Nebencharaktere, welche zwar einfallsreiche Namen besitzen und toll gespielt und gesprochen wurden, sind es doch abgesehen davon nur leere Gestalten ohne Tiefgang und nur dafür da, um Faith ihre nächste Mission zu geben.
Der zentrale Punkt in Mirror's Edge Catalyst ist und bleibt aber natürlich das Parcour laufen und hier macht EA fast alles richtig. Da wir beim Laufen und Klettern ständig Faiths Arme und Beine sehen, verleiht uns dies eine Art virtuelles Körpergefühl. Über die Dächer zu rennen, Kräne erklimmen, Aufzugschächte hinaufzuklettern und ständig der Schwerkraft zu trotzen macht einen heiden Spass. Es fühlt sich nahezu perfekt an wenn uns, nach einem Sprung über einen tiefen Abgrund, auf einmal der Schweiss auf der Stirn steht.
Die Steuerung funktioniert bis auf ein paar Ausnahmen einwandfrei und präzise und ermöglicht uns elegante, punktgenaue Sprünge oder komplexe Klettereien. Ausserdem ist sie sehr eingängig und geht dem Spieler natürlich von der Hand. Neu ist der Enterhaken, der Faith im Laufe des Spiels bekommt. Mit ihm können wir uns einfach Schächte nach oben ziehen lassen, oder uns über Hindernisse schwingen, ja sogar ab und zu Wände einreissen.
Das einzig etwas störende am Parcour sind die Kämpfe, die den Flow des Rennens bremsen oder sogar stoppen. Faith kann zwar nicht mehr wie im Vorgänger die Waffen der Gegner benutzen, sondern muss ihre Körperkraft einsetzen, doch leider machen die Kämpfe so gar keinen Spass und stören nur den Lauf über die Dächer. Ausserdem sind die Feinde nicht gerade sehr intelligent oder stark und so reicht meist ein sinnfreies Knöpfe drücken um jeden Gegner mit links auszuschalten. Mehr Spass macht es einfach den Kämpfen aus dem Weg zu gehen und die Feinde in den Parcourlauf einzubauen.
Um Faiths Fähigkeiten auszubauen hat EA einen Talentbaum implementiert. Schliessen wir eine Mission erfolgreich ab, verdienen wir Erfahrungspunkte, welche wir dann in verschiedene Moves investieren können. Da wir allerdings von Anfang an schon eine breite Palette an Fähigkeiten besitzen, fühlen sich diese zusätzlichen Skills irgendwie fast überflüssig an, da wir auch ohne sehr gut zu recht kommen.
Neben der Hauptmission gibt es in der offenen Welt von Glass auch allerlei generische Nebenaufgaben, die Faith übernehmen kann. Überall verteilt auf den Dächern rund um die Stadt finden wir Charaktere, die uns kleine Aufgaben erteilen wollen. Diese sind abwechslungsreich: So kann Faith mal Kurieraufträge erledigen, Zeitläufe machen oder einen Überfall decken. Viel Spass macht auch das Einbrechen in Rechenzentren. Die Runnervision ist dabei komplett ausgeschaltet und es liegt am Spieler allein sich auf alles zu achten. Haben wir eine solche Rechenzentrum-Mission erfolgreich abgeschlossen, erhalten wir als Belohnung unter anderem einen Schnellreisepunkt.
Die Story selbst ist linear und bietet ebenfalls ziemlich grosse Abwechslung. Mal sind die Aufgaben sehr hektisch, mal schleichen wir langsam zwischen Laserfallen umher oder holen Drohnen mit gezielten Sprüngen vom Himmel.
Grafisch erinnert Mirrior Edge Catalyst ein wenig an seinen Vorgänger. Mit der schlichten, weiss dominierenden Ästhetik, die nur selten durch knallige Neonfarben unterbrochen wird. Das Design ist hübsch aber auch teilweise etwas zu kalt und steril und wirkt nicht mehr so spektakulär, wie damals beim ersten Teil. Dafür gibt es an der Soundkulisse nichts auszusetzen. Das quietschen der Schuhe und die schönen subtilen Melodien fügen sich perfekt ins Gameplay ein.
Fazit:
Mirror's Edge Catalyst ist ein gutes Runner-Spiel, erreicht allerdings nicht ganz das hohe Niveau seines Vorgängers, der damals noch mit dem neuen Konzept und Spielprinzip überraschte. Dennoch gab es seit dem ersten Teil nichts Vergleichbares mehr und Fans werden gewiss nicht vom neuen Abenteuer enttäuscht werden. Die gut zehn stündige Hauptstory ist abwechslungsreich und kann durch die zahlreichen Nebenmissionen verlängert werden. Leider schwächelt die Geschichte selbst sowohl beim Tiefgang wie bei der Handlung und auch die Charaktere wirken wie leere Hüllen; nur dazu da die nächste Aufgabe zu erteilen. Dafür sind die Sequenzen film reif inszeniert und auch die Sprecher legen sich richtig ins Zeug. Das Gameplay ist einsame Spitze und EA hat hier alles richtig gemacht. Es funktioniert punktgenau und sollte jedem Spieler bald leicht und natürlich von der Hand gehen. Auch die offene Welt kommt dem Parcour-Lauf entgegen. Der Spieler kann in jegliche Richtung rennen und alle Hindernisse erklimmen, auf welche er Lust hat. Mirror's Edge kann auf alle Fälle dank des Runner-Konzepts einige Stunden begeistern und vor allem Fans werden voll auf ihre Kosten kommen. Alle anderen werden sich aber wohl nach einiger Zeit langweilen, da die Story zu wenig bietet und es neben dem Parcour auch sonst nicht viel anders gibt, das auf längere Sicht zu begeistern weiss.
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