Alien-Fans sind schon eine gebeutelte Gemeinschaft, wenn es um Videospiele geht. Es gibt ja bekanntlich nicht viele wirklich gute Alien-Games. Das letzte Spiel (Colonial Marines) war gar ein Fiasko sonderngleichen. Als gebranntes Kind ist man natürlich entsprechend vorsichtig. Darum gleich vorweg die Entwarnung: Alien Isolation ist der feuchte Traum eines jeden Alien-Fans... wenn ihr dem Stealth- und Survival-Horror Genre nicht abgeneigt seid.
Alien: Isolation spielt irgendwo zwischen Ridley Scott's erstem und James Cameron's zweiten Teil, orientiert sich aber ausschliesslich am Original. Will heissen; wenig Action, viel Erkunden und eine extra Portion Atmosphäre. Die Jungs und Mädels von Entwickler Creative Assembly haben dabei keine Mühen gescheut, das 70er Jahre Sci-Fi Design bis auf die letzte Schraube einzufangen. Jedes noch so kleine Detail wurde akkurat vom Film ins Spiel übertragen. Es ist eine wahre Freude durch die Raumstation Sevastopol (und die legendäre Nostromo) zu laufen und sich alles anzusehen. Man fühlt sich, als würde man durch das Film-Set laufen. Da geht dem geneigten Alien-Fan in der Tat das Herz auf!
Im Spiel übernehmen wir die Rolle von Amanda Ripley, Tochter von Ellen Ripley. Sie hat nie wirklich aufgehört nach ihrer verschollenen Mutter zu suchen. Als sie erfährt, dass der Flugschreiber der Nostromo geborgen wurde erhofft sie sich natürlich einige Antworten auf Fragen, die ihr schon lange unter den Nägeln brennen. Die Blackbox befindet sich auf der ausgedienten Raumstation Sevastopol. Die riesige Forschungs-Anlage wird nur noch von wenigen Menschen bewohnt, da sie zum alten Eisen gehört und die Verschrottung bereits in vollem Gange ist. Hauptsächlich verrichten menschliche Roboter ihren Dienst auf der vom Zerfall gekenntzeichneten Raumstation. Als jedoch plötzlich ein Alien in der Station auftaucht, ist die Panik bei den Betroffenen gross. Viele der Menschen geraten in Panik, trauen niemandem mehr über den Weg, werden gar aggressiv. Genau dieses Verhalten wird für Amanda bald zum Problem. So will ihr nicht nur das garstige Giger-Monster an die Wäsche, sondern eben auch diese letzten Überlebenden, einige der menschlichen Androiden und sogar die KI der Raumstation selbst, 'Apollo' genannt. Also gehen wir diesen Übeln am besten schleichender Weise aus dem Weg. Unentdeckt zu bleiben ist das A und O.
Obwohl Alien: Isolation kein Action-Spiel im herkömmliche Sinne ist, weiss sich Amanda trotzdem zu wehren. Allerdings auf die eher subtilere Art und Weise. Aus allerlei herumliegendem Schrott und unter Zuhilfenahme gefundener Blue-Prints bastelt sie beispielweise EMP-, Blend-, Rauch- und Rohr-Bomben. Ebenso kann sie sich selber verarzten, wenn sie entsprechende Komponente findet. Selbst gebastelte Geräusch-Macher locken das Alien und andere Feinde in eine bestimmte Richtung. Richtige Waffen sind auf der Sevastopol eher Mangelware. Zwar findet Amanda im Laufe des Spiels einige davon, wie beispielweise einen Revolver, eine Schrotfilnte oder einen Flammenwerfer. Einsetzen kann man die aber nur begrenzt da sie erstens zu laut sind (das Alien reagiert auf jedes noch so kleine Geräusch) und zweitens die Munition extrem knapp ist. Das Alien selbst kann man damit höchstens zur Flucht bewegen. Mann sollte sich deren Einsatz also immer zweimal überlegen. Besser ist es, sich unter einem Tisch oder in einem Schrank zu verstecken und abzuwarten, bis die Gefahr vorrüber ist.
Dabei hilft der altbekannte Bewegungs-Melder. Er zeigt uns an, aus welcher Richtung eine mögliche Gefahr kommt und ausserdem, in welcher ungefähren Richtung unser nächstes Ziel liegt. Das ist äusserst nützlich, denn Alien: Isolation nimmt euch zu keiner Zeit an die Hand. Wegpunkte gibt es nicht, ihr müsst die Umgebung schon selber erkunden. Die digitale Karte zeigt nur an, was ihr bereits entdeckt habt, ausser ihr ladet euch von herumstehenden Karten-Terminals neue Karten-Teile runter. Dann werden auch interessante Objekte wie die lebenswichtigen Save-Stationen und Sicherungs-Kästen angezeigt. Letztere nutzt Amanda zur Manipulation der Umgebung. Durch die Umleitung bzw. Abschaltung diverser Strom-Knoten eröffnen sich neue Wege z.B. durch Lüftungsschächte oder Wartungs-Schachts. Auch Alarm-Systeme und Kameras können so ausgeschalten oder ganze Bereiche abgeschottet werden. Ab und zu müssen seichte Keycard- und Umgebungs-Puzzles gelöst oder verschlossene Türen via Mini-Spiel gehackt werden.
Die grösste Herausforderung in Sachen Gameplay ist und bleibt aber das Alien. Im Gegensatz zum bleigeschwängerten Colonial Marines gibt es in Alien: Isolation nur ein einziges davon, noch dazu ein unverwundbares. Und das ist auch gut so. Die Angst, es mit einem erbarmungslosen, eiskalten Killer zu tun zu haben, wo jede Begegnung sofort tödlich enden kann, ist allgegenwärtig. Kein Versteck ist wirklich sicher. Die unberechenbare KI des Xenomorphs macht jede Begegnung einzigartig, stellenweise aber auch frustrierend. Man sollte sich auf jeden Fall darauf einstellen, dutzende Tode zu sterben. Das Speichersystem macht das Ganze noch schlimmer. Das Spiel speichert nämlich nicht automatisch, statt dessen müsst ihr dies an Speicher-Stationen innerhalb der Sevastopol manuell tun. Diese Save-Points müssen erst gefunden werden und sind nicht immer optimal platziert. Dies kann dazu führen, dass ihr grössere Abschnitte mehrmals spielen müsst, weil ihr es nicht bis zur nächsten Save-Station geschafft habt oder eine näher liegende gar noch nicht gefunden habt. Zum Glück gibt es für jede scheinbar hoffnungslos schwere Situation eine relativ leichte Lösung (wie sollte man sonst die 'Beende-das-Spiel-ohne-zu-sterben-Trophy' schaffen?). Man muss diesen einen, optimalen Weg aber erst einmal finden, und das ist nicht immer ganz einfach. Nerven wie Drahtseile sind also eine gute Grundvoraussetzung.
Es gibt aber auch weniger erfreuliches zu berichten. Die Animationen der Menschen sind dürftig und eher hölzern, die Lippenbewegungen unschön und vielerorts asynchron. Bei Androiden fällt das weniger ins Gewicht, als bei Menschen. Die Cut-Scenes sind ziemlich ruckelig. Das ist wirklich sehr schade, denn sie wären toll inszeniert und sehen fantastisch aus (evtl. kann das ja gepatched werden?). Grundsätzlich ist Alien: Isolation optisch ein Hingucker: Knackscharfe Texturen, herrliche Licht-/Schatten-Effekte und eine flüssige Bildrate zaubern euch ein breites Grinsen ins Gesicht. Der phenomenale und erweiterte Original-Soundtrack von Jerry Goldsmith und die authentischen Sound-Effekte aus dem Film verpassen euch unweigerlich Hühnerhaut. Atmosphärisch absolut top! Hoffentlich habt ihr eine gute Surround-Anlage bzw. Kopfhörer. Die Taschenlampe hat übrigens mit der gleichen lahmen Batterie zu kämpfen, wie beim Genre-Kollegen Outlast. Nach gefühlten 2 Minuten ist der Akku leer. Dann heisst es Batterien wechseln oder zur Leuchtfackel greifen.
Rund zwanzig Stunden hält euch die Hauptstory bei der Stange. Wer alle ID-Tags, Audio-Logs und Logbuch-Einträge finden will, kann locker nochmal fünf dazu zählen. Wer dann immer noch nicht genug hat, kann sich an einem Survivor-Modus versuchen. Hier spielt ihr in ein paar neuen und alten Szenarios quasi Verstecken mit dem Alien. Toll ist, dass diese Begegnungen dank der unvorhersehbaren KI des Monsters bei jedem Versuch anders ablaufen. Käufer der ersten Stunde bekommen die Ripley-Edition und somit zwei kostenlose DLCs namens 'Crew Expendable' und 'Last Survivor', die euch noch einmal ein bis zwei Stunden beschäftigen. Hier dürft ihr unter Anderem mit Mama-Ripley, Captain Dallas oder Parker die Nostromo unsicher machen und zwei Szenen aus dem ersten Film nachspielen. Allein das sollte für wahre Alien-Fans bereits das ultimative Gaming-Erlebnis sein. Weitere Inhalte sollen folgen...
Fazit:
Nach dem ersten Schock wegen der ruckeligen Cut-Scenes ging es nur noch bergauf mit meiner Begeisterung. Alien: Isolation sieht fantastisch aus und klingt auch so. Audio-Visuell ist den Jungs von Creative Assembly ein wahres Meisterwerk gelungen, das atmosphärisch kaum zu toppen ist. Die erste Begegnung mit dem Alien trieb mir förmlich Freudentränen ins Gesicht! Spielerisch ist aber noch Luft nach oben, denn die haufen Bildschirmtode, das viele Trial-and-Error und das schlecht integrierte Speicher-System können schon an den Nerven zehren. Gleichzeitig ist gerade das aber auch erfrischend. Das Spiel nimmt euch nicht dauernd an die Hand wie die meisten, modernen Spiele. Es lädt zum Entdecken und Erkunden ein, zum Ausprobieren. Meistens gibt es einen einfachen Weg für eine schwere Situation. Entsprechend toll fühlt man sich, wenn man eine dieser Situationen gemeistert oder einen weiteren, alternativen Weg gefunden hat. Neben dem fiesen, toll animierten Alien ist der heimliche Star aber die Raumstation Sevastopol selbst, mit ihrem kultigen 70er Jahre Sci-Fi Scharm. Ich kann nur den Hut ziehen vor der Detailverliebtheit der Entwickler. Da auch der Umfang passt und wir in einem integrierten DLC sogar mit der Original Crew die Nostromo unsicher machen dürfen, kann ich dieses Spiel allen Alien-Fans ans Herz legen. Alien: Isolation ist ohne Zweifel das Alien-Spiel, auf das ich lange gewartet habe.
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