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The(G)net Review: El Paso, Elsewhere

Wer Spiele mit Titeln wie “Space Warlord Organ Trading Simulator” oder “An Airport for Aliens Currently Run by Dogs” veröffentlicht weiss, dass damit wohl nicht die breite Masse angesprochen wird, sondern ein ganz bestimmtes Zielpublikum. Zu diesem Zielpublikum gehöre auch ich. Deshalb bin ich natürlich immer an vorderster Front, wenn das Studio Strange Scaffold ein neues Spiel raus haut, auch wenn der Name dieses Mal mit “El Paso, Elsewhere” ziemlich zahm ausgefallen ist. Wie erhofft rockt es jedoch ganz gewaltig und es ist mir eine wahre Freude, es euch allen wärmstens ans Herz zu legen.


El Paso Elsewhere Test Review Testbericht Xbox Series PC

James Savage steht gleichzeitig im Mittelpunkt einer tragischen Liebesgeschichte und dem potentiellen Ende der Welt. Der Grund für beides ist Janet Drake, auch bekannt als Draculae. Heute lebt sie, zusammen mit einer Armee von Monstern und Schrecken, in einem Motel im titelgebenden El Paso. Glücklicherweise ist James ein Vampirjäger, wie er im Buch steht.


Fast schon überraschenderweise für die Materie ist die Story einer der stärksten Teile des Spiels. Auf den ersten Blick wirken die Geschichte und ganz besonders der Protagonist wie ein riesiges Klischee, das sich wie wild an Tricks wie dem Brechen der Fourth Wall bedient und seine Coolness von einem Teenager aus dem Jahr 2000 hat. Sie entpuppt sich aber sehr schnell als unglaublich nuancierte Liebesgeschichte, die für mich in diesem Medium ganz weit oben mit dabei ist. Unser ehemaliges Pärchen, welche beide exzellent auf Englisch vertont sind, haben beide Schlimmes erlebt und tragen ihre Traumas bis heute mit sich, werden von ihnen getrieben. Dem gegenüber stehen der innere Monolog und die One-Liner von James, welche an kruder Edginess kaum zu überbieten sind. Auf dem Papier beissen sich diese beiden Elemente sehr. Theoretisch sollte dieser Mischmasch aus Gegensätzen kaum funktionieren, aber er tut es und deshalb kann die Story auch einen so starken Sog ausüben.


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Neben der Story ist der Stil von El Paso ebenfalls sehr erwähnenswert. Grafisch ist es irgendwo zwischen PlayStation, Nintendo 64 und dem Dreamcast. Es ist nicht unbedingt hübsch vom heutigen Standpunkt aus gesehen, hat jedoch sehr viel Charme und funktioniert eben weil es sich stilistisch viel aus den 2000ern ausleiht. Der Film Constantine mit Keanu Reeves (und ich erwähne ganz bewusst diesen Film und nicht eine andere Version des Charakters) scheint ein grosser Einfluss für das Team gewesen zu sein, vom Design der Waffen und Umgebungen her.


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Die Zwischensequenzen leben hauptsächlich von den Sprechern von James und Draculae, sind aber dank des bewusst gewählten grafischen Stil durchaus ansprechend. Die Areale sind abwechslungsreich, vom Hotel zu Beginn des Spiels über Friedhöfe und Schlösser, bis zu einer wilden Mischung aus allem Bekannten und noch mehr. Ein besonderer Kniff fällt dabei speziell auf: Es gibt keine Decken. Dadurch kann man immer schon einen Blick auf die nächsten Räume erhaschen, einen Plan bereit legen und sieht immer wo man hin muss, um Geiseln zu retten oder den nächsten Ausgang zu finden. Diese Geiseln tragen wenig zum Gameplay an sich bei und sind hauptsächlich Set-Deko und Missionsziele, um einen durch die meist linearen Gebiete zu führen. Man muss nur in die Leere nach oben sehen und schon sieht man in welche Richtung es geht, was sehr gelungen ist.


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Spielerisch werden sich Fans von 3rd-Person Shootern und ganz speziell Max Payne pudelwohl fühlen. Mit einem Waffenarsenal aus Akimbo-Pistolen, Pflöcken für Insta-Kills, einer Schrotflinte, Uzis und Molotov-Cocktails ballert man sich durch jede Menge untotes und wiederauferstandenes Gesocks. Dabei ist man nicht nur flink zu Fuss unterwegs und kann mit Rollen oder Hechtsprüngen durch die Areale fetzen, sondern hat auch eine gute Portion an Bullet Time zur Verfügung. Diese füllt sich durch Kills wieder auf und gibt einem im Kampf eigentlich immer die Oberhand. Zumindest für die etwa erste Hälfte des Spiels ist sie jedoch kaum nötig, denn die grösste Schwäche von El Paso, Elsewhere, ist der Schwierigkeitsgrad. In den ersten 20 Levels hat man es nur mit sehr simplen Gegnern zu tun, denen man leicht ausweichen kann. Es wird höchstens brenzlig, wenn man von mehreren Feinden in eine Ecke gedrängt wird, was aber nur passiert, wenn man unachtsam unterwegs ist.


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Erst später, mit einer grösseren Gegnervielfalt, wird man langsam herausgefordert. Wer jedoch nicht einfach nur stumpf in einer Linie durch die Levels rennt, wird eigentlich zu jedem Zeitpunkt immer genug Munition und Schmerzmittel zur Heilung in seinem Inventar haben. Dieser Mangel an Herausforderung ist schade, denn die Kämpfe unter Nutzung des ganzen Waffenarsenals machen richtig Spass. Wäre ich nicht für diesen Test am Spiel gesessen und hätte mich die Geschichte nicht gepackt, hätte ich das Spiel aber wahrscheinlich auf der Seite liegen lassen, bevor ich diesen Punkt überhaupt erreicht hätte.


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Eine spezielle Erwähnung verdient auch der Soundtrack, denn insgesamt gibt es mehr als 40 Minuten an Tracks von Komponist RJ Lake und dem Künstlerduo LAKE SAVAGE. Eigentlich ist die Musik gar nicht mein Ding, sie passt jedoch wunderbar zum Stil des Spiels und treibt einen förmlich an mehr und mehr Dämonen über den Haufen zu ballern. Besonders stylisch: hat man alle Geiseln gerettet, wird der Aufzug, der als Levelsausgang dient, geöffnet, das Licht wird runtergedreht und der Bass hochgedreht, während man es zum Abschluss der Ebene noch einmal mit einer Horde an Gegnern zu tun bekommt.


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El Paso, Elsewhere macht nicht nur einen auf cool, sondern ist es auch. Deshalb ist es schade, dass die von uns getestete Xbox Version seit dem Release mit technischen Problemen zu kämpfen hat. So waren in der ersten Woche alle Bäume fast durchgehend durch fehlende, pinke Texturen ersetzt worden. Glücklicherweise wurde das inzwischen behoben. Aktuell noch nicht behoben sind hässliche schwarze Kästen, die während der Zwischensequenzen immer wieder aufpoppen. Sie stören sehr und ziehen das Feeling runter. Die Entwickler sind fleissig an der Arbeit und haben schon versprochen, dieses Problem so bald wie möglich zu beheben, woran ich auch keinen Zweifel habe. Trotzdem ist es schade, wenn ein Produkt mit diesen Problemen verkauft wird, während die PC-Version keine davon aufweist und zum gleichen Preis erhältlich ist.



Fazit:

Schon nach kurzer Zeit hat El Paso, Elsewhere, mein Gamer-Herz im Sturm erobert. Die Geschichte ist herzzerreissend und auf ganz, ganz hohem Niveau. Das Gameplay rockt richtig, auch wenn man das erst in der zweiten Hälfte der 50 Levels effektiv erleben kann. Stilistisch spielt es in einer eigenen Liga. Grafik, die englische Sprachausgabe und der eigens komponierte Hip-Hop Soundtrack machen es zu einem einzigartigen Erlebnis. Selbst wer vielleicht nicht viel mit dem Genre eines Retro 3rd-Person Neo-Noir Shooter anfangen kann, sollte definitiv einen Blick auf El Paso, Elsewhere werfen, denn es ist so viel mehr als diese Vereinfachung vermuten lässt!


El Paso Elsewhere Test Review Testbericht Xbox Series PC

El Paso, Elsewhere ist digital für Xbox One, Series X|S und PC zu haben. Eine Retail-Fassung gibt es nicht. Unser Testbericht basiert auf der Xbox Series X Version. Das Test-Muster stammt von Strange Scaffold, wofür wir uns herzlich bedanken!

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