Pull the Trigger… …und die Welt steht Kopf. Gravity Rush ist ein rasantes Spiel mit einer Schwerkraft, an der zwar Sir Isaac Newton wohl kaum Freude gefunden hätte, für den Gamer der Neuzeit jedoch ein einzigartiges Spielerlebnis bereithält. Lasst die Schwerkraft beginnen!
Adam und Eva - oder: Wie alles begann.
Zu Beginn des Spieles sieht man einen knallroten Apfel an einem Baum. Stupst man diesen an, fällt er von einem sehr hohen Turm runter und gibt dem Spieler dabei einen visuellen Vorgeschmack auf die Welt, bis er bei der Protagonistin zu liegen kommt. Doch die Arme leidet unter einem klassischen Fall von mysteriöser Gameprotagonistenamnesie bis hin zu einem Grad, bei welchem sie nicht einmal mehr ihren Namen kennt.
Als erstes trifft man eine mysteriöse Katze, die aussieht, als würde sie aus einer Galaxie bestehen. Nachdem man die Katze gegen ihren Willen Dusty genannt hat, wird die Protagonistin auch schon genötigt, den Sohn eines Mannes zu retten. Da sie ja vom Himmel gefallen sei und noch lebt, muss sie eine dieser „Gravity Shifter“ sein und kann jetzt mal ruhig schnell den Jungen retten. Zum ersten Mal kann der Spieler nun mit der Schwerkraft rumspielen und muss von Plattform zu Plattform springen und bekommt langsam ein Gefühl dafür, und das macht Spass.
Doch sobald man wohlbehalten zurückkommt, wird man mit Undankbarkeit bestraft – schliesslich hätte man mit dem Jungen auch das Haus retten können. Und hier kommt auch einer der Storygrundzüge. Viele NPCs sind unfreundlich, denn „Gravity Shifter“ sind eher unbeliebt und eines der Hauptziele von der Protagonistin ist es, dies zu ändern. Leider leidet sie manchmal unter Naivität und zeigt ein grosses Bedürfnis, von den Menschen akzeptiert zu werden. Ironischerweise bekommt sie den Namen Kat auch ungefragt (so wie sie Dusty einfach benannt hat) von einem Fremden verpasst – doch im Gegensatz zur Katze ist Kat mit ihrem neuen Namen sehr glücklich.
Wie war das mit der Schwerkraft nochmal?
Die Steuerung ist perfekt auf die Vita zugeschnitten. Mit der rechten Schultertaste kann man schweben oder die Schwerkraft in die Richtung verändern, in die man gerade zielt. Zielen kann man mit der Vita selbst über die Neigungssensoren oder mit dem rechten Joystick. Zielt man also auf eine Wand, ist die Wand nachher „unten“ und die Welt steht im 90 Grad Winkel. Besonders interessant ist es, an der Decke zu rennen. Sehr gut gelöst sind auch die Orientierungshilfen: So bleiben Kats Haare und ihr Schal stets von der normalen Schwerkraft abhängig. Auch Gegner werden mit kleinen Pfeilen am Bildschirmrand angezeigt, wenn sie ausserhalb des Screens sind. Weiss man gerade nicht wo oben und wo unten ist, kann man mit der linken Schultertaste die gewohnte Schwerkraft wieder einschalten und spektakuläre Landungen erzielen. Glücklicherweise kann Kat keinen Sturzschaden nehmen und so machen meteorhafte Einschläge besonders Spass.
Die meiste Zeit verbringt der Spieler beim Spielen mit der Schwerkraft, regelmässig unterbrochen durch Kämpfe gegen sogenannte „Nevi“, schwarze Schattengestalten mit einem roten Schwachpunkt, auf welchen erbarmungslos geschlagen werden muss. Mit dem Gravitations-Kick, bei dem man einen Gegner anzielt und dann auf ihn zurast, wird klar, dass die Hauptfähigkeiten des Spielers beim Zielen und bei der Reaktionsgeschwindigkeit liegen sollten. Ausserdem wird ein sehr gutes Orientierungsvermögen gefordert, da die Welt doch öfters Kopf steht.
In Gravity Rush gibt es einige freischaltbare Nebenmissionen, die alle Renn- oder Kampfspiele darstellen. Ein grösserer Wehrmutstropfen sind hier allerdings eher lange Ladezeiten, auch zwischen den einzelnen Versuchen, von ungefähr zehn Sekunden – Durchschnittsdauer eines Rennens liegt bei einer bis zwei Minuten. Ausserdem hat der Spieler bei Fehlstart keine Möglichkeit, das Rennen gleich nochmals neu zu starten.
Positiv hingegen sind die nicht vorhandenen Ladezeiten innerhalb der Stadt. Auch beim Wechsel in einen anderen Stadtteil läuft das Spiel flüssig weiter und die Wechsel von „Level of Details“ sind für den Spieler nicht sichtbar.
Und wie siehts aus?
Seit dem Apfel wird dem Spieler bewusst, dass Gravity Rush optisch nicht einfach nur ein durchschnittliches Spiel ist. Jedes Detail der Spielgrafik wurde durchdacht und aufeinander abgestimmt, angefangen bei den Zwischensequenzen, welche in einem teilweise animierten, teilweise vertonten dreidimensionalen Comic erzählt werden. Die Spielwelt selbst ist eine gelungene Mischung aus Cel Shading und Texturierung und funktioniert optisch sowohl mit den Gegnern als auch mit der Protagonistin zusammen. Sehr schön ist auch die optische Belohnung des Spielers bei der Erfüllung von Nebenaufgaben oder beim Abschluss von Hauptaufgaben, die danach die Welt lebendiger und grösser machen. Und als besonderen Leckerbissen sind viele Gegenstände wie Parkbänke, Kisten oder Strassenlampen kinetisch veränderbar und können rumgeschoben oder demoliert werden. Mehr als Gag hingegen sind die unterschiedlichen Kostüme der Protagonistin (wie zum Beispiel ein Schulmädchenkleid mit Minirock), die man beim Spielfortschritt automatisch erhält.
Und wie klingt ein Verstoss gegen die Schwerkraftgesetze?
Mit einem unaufdringlichen aber klaren „swusch“ –Geräusch manipuliert man die Welt. Auch die Wind- und Aufprallgeräusche sind sehr passend und gut gewählt. Die Musik ist ein bisschen ungewohnt, aber gut gelöst und jeder unterschiedliche Distrikt hat seine eigene Melodie. Hier ist alles stimmig und der Spieler bekommt immer das erwartete Feedback.
Fazit:
Gravity Rush ist ein temporeiches Spiel, das eine sehr interessante Gamemechanik und Grafik vorweist. Besonders die animierten und comicmässigen Zwischenszenen sind in einer hohen Qualität und lassen den Spieler vergessen, dass durch die fehlende akustische Synchronisation relativ viel Text gelesen werden muss. Auch lässt das Spiel Actionliebhaber nicht im Stich, gibt aber gleichzeitig dem Spieler die Wahl, wann er die Hauptaufgabe weitermachen will oder ob er lieber Nebenaufgaben erledigt. Negativ dagegen ist die vorhersehbare Handlung und der Spielablauf. Überraschungen gibt es kaum und die Story ist zu Beginn sehr einfach gestrickt. Alles in allem bietet Gravity Rush einige Stunden Spielspass und viel Freude an der innovativen Mechanik, wenn auch vielen Spielern aufgrund des vorhersehbaren Spielablaufes die Motivation fehlen dürfte, das Spiel komplett durchzuspielen.
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