Raiden hatte schon immer einen schweren Stand bei Spielern. Im umstrittenen zweiten Teil der Metal Gear Saga wollten wir alle mit dem bekannten Held Solid Snake in den Kampf ziehen. Der nahm stattdessen in der zweiten Reihe Platz und liess Raiden den Vortritt. In Teil Drei wurde ihm ein nicht ganz ernstgemeintes Cameo spendiert.
Der geistige Vater der Serie, Hideo Kojima, insistierte und wollte den Charakter weiter einbauen. Im vierten und bisher letzten Teil kam dann endlich die Erlösung. Auch die letzten Zweifler konnten Raiden nicht länger kritisieren. Das lag wohl daran, dass vom ursprünglichen Charakter nicht mehr viel übrig war. Er schnetzelte sich als hartgesottener Cyborg-Ninja durch diverse Zwischensequenzen. Vorbei waren die Zeiten eines weinerlichen, femininen Möchtegerns. Leider konnte man die Steuerung nie selbst übernehmen und hoffte bis jetzt vergebens auf einen Titel bei dem das möglich war. Dieser Wunsch geht nun mit Metal Gear Rising: Revengeance in Erfüllung.
Das Spiel hat, ähnlich wie der Protagonist, eine schwierige Vergangenheit. Nach kurzer Zeit haben Kojima Productions eingesehen, dass ein Actiontitel nicht wirklich ihre Stärke ist. Eine Weile lang wusste man nicht was mit Rising geschehen soll. Zum Glück folgte dann die Entscheidung, Platinum Games an Bord zu holen. Ein Grossteil der Entwicklung wurde den erwiesenen Spezialisten überlassen. Dass Platinum Games ihr Handwerk verstehen, haben sie unter anderem mit Bayonetta und Vanquish eindrücklich unter Beweis gestellt.
Keine Angst; die Metal Gear Handschrift ist immer noch unverkennbar. Bekannte Geräusche, wie der Codec oder das gequälte Aufheulen eines Kollegen wenn ihr das Zeitliche segnet, sind erhalten geblieben. Da hört es natürlich nicht auf mit den Parallelen. Nanomaschinen, politische Unruhen und Kämpfe gegen riesige gepanzerte Roboter dürfen bei einem waschechten Metal Gear Titel natürlich nicht fehlen.
Raiden wird beauftragt einen Premierminister eines afrikanischen Staates zu beschützen. Der Auftraggeber Raidens, Maverick Security, möchte dazu beitragen, den Frieden im krisengeschüttelten Gebiet zu erhalten. Doch eine konkurrierende PMC (private military company) namens Desperado Enterprises hat anders im Sinn. Der Chef der Firma vermisst die Erträge, welche der Krieg in seine Kasse spült und setzt alles daran, die Gegend weiter in Unruhe zu stürzen. Um sein Ziel zu erreichen lässt er Raidens Klienten ermorden, baut eine Cyborgarmee auf, und plant einen Terroranschlag von grösstem Ausmass. Das passt perfekt ins Erzählschema von Kojima.
Platinum Games lassen sich aber nicht aus dem Rampenlicht drängen und sind sich nicht zu schade, die Metal Gear Serie ein wenig zu veralbern. So verstecken sich Gegner in Kartonkisten und bekannte Momente der Vorgänger werden auf die Schippe genommen. Dies sind aber nur kleine Sticheleien von Platinum, ihre wahre Stärke kommt im Kampfsystem zum Tragen.
Jeder Combo fliesst mit dem nächsten zusammen und die zahlreichen Spezialattacken spielen sich so wie sie aussehen; nämlich hervorragend. Raidens überzeichnete Akrobatik verleiht jeder Attacke einen speziellen, hypnotischen Stil, welcher natürlich noch ausgeprägter wirkt nachdem die zusätzlichen Moves zum Zug kommen. Diese werden im späteren Spielverlauf gekauft und fügen sich nahtlos in das bestehende Repertoire ein. In den letzten Stunden mutiert Raiden zu einem graziösen Killer, der sein Schwert ebenso oft mit seinen Füssen wie mit den Händen schwingt.
Sind in kurzer Zeit möglichst viele Widersacher der Klinge zum Opfer gefallen, kann Raiden vorübergehend die Zeit anhalten und Gegner in Zeitlupe malträtieren. Platinum Games nennt das Blade Mode. Durch chirurgische Präzision ist es möglich ganze Gliedmassen abzutrennen, so sind brutalste Manöver mit einer simplen Berührung des Controllers möglich. Blade Mode wird jedoch nicht nur den Splatterfans eine Freude bereiten, denn es steckt deutlich mehr dahinter. Nicht nur Gegner, sondern auch beliebige Objekte in der Umgebung können zerschnitten werden.
Der wahre Hingucker ist allerdings eine Technik namens Zandatsu. Es zwingt den Spieler, darüber nachzudenken, wie die nächsten Gegner ausgeschaltet werden sollen. Verpasst man das kleine Zeitfenster um Zandatsu anzuwenden kann es Raiden teuer zu stehen kommen. Ist es doch die winzige Möglichkeit, die Gesundheit wieder aufzufrischen. Gerade in den harten Bosskämpfen ist die Technik elementar. Wellen von Gegnern können auf diese Weise blutig ins Jenseits geschickt, doch selten konnte man sich den Bösewichten so kunstvoll entledigen. Ganz im Sinne der Metal Gear Serie ist es jedoch noch immer möglich, sich an den Widersachern vorbeizuschleichen ohne unnötiges Blut zu vergiessen. Die Wahl wird dem Spieler überlassen.
Leider kann die Kamera nicht immer mit dem halsbrecherischen Tempo des Spiels mithalten. Während Raiden in grösseren Arealen meist im Fokus ist, geht er in engen Kanalisationen oder Fabriken leicht verloren. Es wird sogar noch schlimmer, wenn mehrere Gegner gleichzeitig angreifen. Das ansonsten ausgezeichnete Abwehrsystem wird so zur Farce. Das Fehlen eines Tutorials fällt ebenfalls negativ auf. Auch wenn ich wusste was zu tun war, hatte ich Mühe, wichtige Techniken umzusetzen. Zahlreiche Informationen wurden nur kurz oder nebensächlich behandelt. Zwar konnte ich mir im Verlauf des Spiels durch VR-Missionen einige Techniken aneignen, doch das hätte anders gelöst werden sollen.
Fazit:
Metal Gear Rising: Revengeance ist so abgefahren, dass einfach nur „Revenge“ nicht gereicht hat um den Inhalt zu beschreiben. Doch leider ist Platinum Games ein wenig Opfer des eigenen Erfolgs. Jedes Spiel wird unweigerlich mit Bayonetta verglichen. Diesen hohen Standard erreicht Rising jedoch nicht. Das Spiel hat mit der kurzen Kampagne und einigen technischen Fehlern zu kämpfen. Doch insgesamt führt das Spiel eine scharfe Klinge und fesselte mich, kurz aber intensiv, vor den Bildschirm. Es vermischt erfolgreich die traditionellen Metal Gear Elemente mit neuen Spielideen und macht sich dadurch einem breiteren Publikum zugänglich.
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