Wieder einmal Need for Speed, wieder einmal von den Jungs bei Black Box. Die machen das seit x-Jahren – dennoch haben wir das von Küste zu Küste-Rennen skeptisch erwartet. Mal sehen, ob die Kanadier uns positiv überrascht haben.
Filme wie Cannonball Run (Auf dem Highway ist die Hölle los) dürften einigen noch in guter Erinnerung sein. Burt Reynolds & Co. rasen in einem illegalen Autorennen von Ost nach West. Ziel ist, wie so oft, der schnöde Mammon, den es als Belohnung für den ersten Platz zu gewinnen gibt. Black Box hat genau dieses Setting aufgegriffen. Mit dem Unterschied, dass wir hier von San Francisco nach New York fahren und statt Burt Reynolds übernehmen wir die Rolle von Jack Rourke.
Genau wie beim Cannonball Run wird uns eine Story vorgegaukelt, die aber bei näherem Betrachten kaum Beachtung verdient. Unser Mann benötigt dringend Kohle; gleich zu Beginn des Spiels wird er deswegen in eine unangenehme Situation gebracht, aus welcher er sich dank unserer Hilfe knapp befreien kann. Wieso die bösen Jungs uns lynchen wollen, weswegen wir einen Haufen Kohle benötigen und deswegen am gefährlichen, illegalen Strassenrennen teilnehmen und was das alles eigentlich soll – keine Ahnung.
Spielt aber alles keine Rolle, Need for Speed: The Run ist ein Arcaderacer wie er im Buche steht. Die Story ist das Mittel zum Zweck, um uns von Kalifornien nach New York zu hetzen. Dabei durchqueren wir einige fantastische Landschaften und Städte, welche die Staaten seit jeher prägen. San Francisco, Vegas, die Wüste, den Yellowstone Nationalpark oder die Rocky Mountains – das Landschaftsbild ist fantastisch und glänzt mit Abwechslung. Die gesamte Inszenierung gleicht einem teuren Actionfilm. Fulminante Verfolgungsjagden, Unfälle, Schiesserein und halsbrecherische Fahrmanöver. Realismus darf man nicht erwarten, unkomplizierten Fahrspass umso mehr. Genau so simpel sind die selten eingestreuten, cineastisch ansprechenden Quick-Time Events, in welchen die spärliche Story vorangetrieben wird.
Der Kern des Spiels ist glücklicherweise noch immer die Action auf den Strassen. Die einfache Steuerung haben wir nach wenigen Fahrminuten verstanden und zünden sich automatisch aufladende Turbos oder halten nach Abkürzungen Ausschau. Dem Setting geschuldet ist der spezielle Rennablauf. Wir bewegen uns durch diverse Etappenziele. Jedes dieser Ziele birgt eine andere Herausforderung. So müssen wir in der geforderten Zeit den Checkpoint erreichen, eine Mindestanzahl von Kontrahenten überholen oder den Cops entkommen. Sind auf einer Etappe 10 Fahrer, die es hinter sich zu lassen gilt, gibt es auf dieser Strecke auch nicht mehr als eben jene Zehn. Sprich das Spiel fordert von uns, den ersten Platz auf der Teilstrecke einzunehmen, denn ohne diesen geht es nicht weiter.
Passend zu diesem Spielverlauf erwartet uns ein massiv spürbares Gummiband auf den Highways von Amerika. Ganz egal wie fehlerfrei Jack fährt, die Gegner kleben uns dennoch am Heck. Dieses System fängt Fahrfehler unsererseits grosszügig auf, sofern sie uns nicht kurz vor dem Ende wiederfahren – so dass wir keine Zeit mehr haben, das Gummiband zu unseren Gunsten auszunutzen. Zu diesem Zweck, und um Frustattacken zu mindern, gibt uns EA die Möglichkeit, via Select den zuletzt durchfahrenen Checkpoint während einer Etappe zu laden. So werden Fahrfehler ausgebügelt und verpasste Abkürzungen doch noch erwischt. Die Zahl der Rücksetzpunkte ist allerdings beschränkt, ganz so einfach wollte man es uns Spielern dann doch nicht machen.
Ach ja; Autos gibt's übrigens auch bei diesem Need for Speed. Selbstredend wieder eine Menge lizenzierter Karossen, die aber keine Tuning-Optionen anbieten. Man darf sich höchstens für verschiedene Varianten eines Flitzers entscheiden, die sich lediglich im Design unterscheiden. Da dies nicht Forza sondern the Run ist, fällt dieser Punkt nicht allzu sehr ins Gewicht; Tuningfans finden aber passendere Spiele. Nicht daran scheitert Black Box‘ Entwicklung zum Ende hin, sondern an vielen Details, die insgesamt hätten besser sein können. Dazu gehört die ziemlich kurze Spieldauer. Nach gut 5-6 Stunden ist der Story Modus abgeschlossen und die Rennen sind gefahren. Jetzt sind zwar noch einige interessante Challenges und ein guter, aber sicher nicht hervorstechender Online Modus dabei – das alles ist aber insgesamt eher wenig. Umso mehr gibt’s dafür an unnötigen Ladepausen zwischen den Etappen, die zu allem Überfluss auch noch lange dauern.
Fazit:
Ich gebe zu, ich bin der ideale Käufer für The Run. Ich liebe es, über die Freeways der Staaten zu cruisen. Die Landschaften sind mit etwas vom Besten weit und breit. Mit Camaro & Co. von der West- zur Ostküste fahren, ein Traum. Weniger traumhaft ist leider der übriggebliebene Rest. Viele kleine Designfehler führen zu einem guten Ganzen und verwehrt Need for Speed: The Run den Zugang zum Genre-Olymp. Kürze, Gummiband und eine schwache Story stehen einer wirklich hervorragenden Inszenierung und einem tollen, unkomplizierten Actionspass gegenüber. Fans der amerikanischen Kulisse müssen die Fahrt sowieso angehen, zumal die über 2‘000 Meilen nicht lange dauern. Simulations-Puristen greifen weiterhin zu Forza.
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