Wenn der Mond am hellsten leuchtet, geht der Wolf um! Lykanthropie ist ja kein neuartiges Phänomen in der Popkultur. Über Basketball spielende Werwölfe, bis Konfrontationen gegen andere Monster-Clans, finden Interessierte hunderte von künstlerischen Werken und Abhandlungen zum Thema. "Warum nicht wieder mal ein Werwolf Game...", dachte sich Cyanide Studios,"...bevor uns Resident Evil 8 platt macht?".
Unser Held, der auf den Namen Cahal hört, ist ein armes Schwein... bzw. Wolf. Zuerst wird seine Frau umgebracht, dann killt er in seiner Raserei den Lieblingswolf seines Mentors und zu guter Letzt wird dann noch seine Tochter vom notorischen Bösewicht entführt. Da fehlt nur noch die Oma, die vom Dachstühl stürzt, um die Dramaturgie-Orgie zu komplettieren.
Aber Story beiseite, kommen wir zum Kern der Sache. Cahal darf man gerne als trainierte Kampfmaschine mit dem kleinen Extra bezeichnen. Im menschlichen Zustand würde er fast jedem von uns die Platte polieren, aber für die Aufgaben die ihn erwarten, wäre das immer noch zu wenig. Cahal ist aber glücklicherweise ein mehr oder weniger gutmütiger Lykanthrop. So verwandelt ihr euch auf Knopfdruck entweder in einen normalen Lupus oder mutiert in Sekundenschnelle zum ausgewachsenen Werwolf.
Obwohl beide Formen derselben Tiergattung entspringen, könnten die Fähigkeiten dieser beiden Spezies kaum unterschiedlicher sein. Wer gerne die Gegner hinterrücks ausschaltet oder gleich unbemerkt an ihnen vorbeischleichen will, wählt die Wolf-Form. Hier huscht ihr ungesehen an Wachen vorbei, benutzt Luftschächte als Abkürzungen oder lockt die Feinde durch bellen in die Falle. Wer keine Zeit für Stealth Spässchen hat, verwandelt sich in einen ausgewachsenen Werwolf und rasiert die verblüffte KI mit messerscharfen Klauen und dem einen oder anderen Specialmove weg. Ihr habt sogar die Wahl zwischen zwei Formen der Lykanthropie.
In der Elanvariante seid ihr blitzschnell und verteilt Hiebe am Laufmeter, seid dafür aber anfälliger für Gegentreffer. Wählt ihr die Vigor-Form, latscht ihr zwar nur behäbig durch die industrielle Kulisse, verteilt jedoch massive Backpfeifen und Schwinger, der ganze Gegnerreihen um mäht. In Kombination mit der Zornanzeige heilt ihr euren geschundenen Wolfsmenschen, landet Sprung Attacken oder brüllt die herumstehenden Infanteristen ins Koma. Füllt sich der Rage-Meter, kennt unser Wolfsmann kein Erbarmen und haut temporär alles kurz und klein, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist - besonders effektiv bei den Endgegnern, falls die Energieanzeige gegen Null sinkt.
In der menschlichen Form joggt Cahal hauptsächlich durch die Gegend, aktiviert Schalter oder deaktiviert Sicherheitsanlagen, insofern er den passenden Security Raum entdeckt. Als einzige Waffe dient euch ein olle Armbrust, die nach einem Upgrade maximal 5 Schuss Munition bietet. Gross geballert wird nicht. Wer spasseshalber ein paar Wachen schlafen schicken will, nutzt die zielsichere Option trotzdem. Dank der Permavision erkennt ihr feindliche Schurken hinter Wänden oder sucht die umliegende Gegend nach wertvoller Phantomwährung ab. Hat Cahal ein solches Objekt entdeckt, absorbiert er deren Geisterenergie und füllt so seine Skill-Leiste auf. Sobald diese voll ist, regnet es Erfahrungspunkte, die ihr im Skill-Tree in unterschiedliche defensive, wie auch offensive Fähigkeiten eintauschen könnt, deren insgesamt 13 in unterschiedlichen Stufen zur Auswahl stehen.
Das erste Level ist eigentlich ein Mini-Hub, und dient ausschliessliche als Knotenpunkt zu den verschiedenen Missionen, die euch nach kurzen Zwischensequenzen aufgedrückt werden. Das ganze Setting geht eher in die postapokalyptische Steampunk Richtung, da darf natürlich eine Ölplattform nicht fehlen. Im Grunde säubert ihr ein paar Räume von Feinden oder schleicht euch unentdeckt zum Endgegner, bevor der ganze Ringelpiez im nächsten Level von vorne losgeht. Werewolf ist übrigens ein reiner Solotitel, Online Optionen existieren nicht.
Fazit:
Puh! Kaum ist die NextGen gestartet, trudelt schon die erste Beinahe Katastrophe ein. Werewolf: The Apocalypse - Earthblood ist weder Fisch noch Fleisch. Zwar hat man alles, was man für ein anständiges Action Adventure benötigt, hier ist aber alles so unfertig zusammen gemischt worden, dass ich nach 7 Stunden froh war den Abspann zu sehen. Wo soll ich anfangen? Die Charaktermodelle in den Cutscenes. Ich musste ganz genau hinschauen, ob ich nicht aus versehen die SIMS laufen hatte. Da hab ich sogar auf der PS3 besseres gesehen. Die Ingame Grafik ist nicht der totale Reinfall und kommt ohne grossen Macken aus, nur ist die gesamte Welt sehr dünn besiedelt und neben "von A nach B joggen" gibt es nichts zu tun. Die Stealth-Passagen kann man gerade noch so durchgehen lassen, was besonders der Wolf-Form gutgeschrieben werden kann, welche wenigstens noch ein wenig Schwung in die lahme Schleicherei bringt. Doch warum soll ich unentdeckt zum Zielpunkt schleichen, wenn ich die strunzdumme KI in ein paar Augenblicken als Werwolf auseinander pflücke?
Auch die Missions Struktur ist immer dieselbe Leier. Säubere ein paar Räume, drücke ein paar Knöpfe und besiege den obligatorischen Endboss – meistens einen anderen Werwolf. Und dies ist das Beste am Spiel. Wenn ich richtig in Rage bin, dann flitze ich durch die Gegend, verteile grosszügig Schwinger und nehme sogar den einen oder anderen Ganoven mit einem Finisher auseinander. Die Vigor-Form wäre ebenfalls nicht nötig gewesen, denn im Gegensatz zum agileren Elan-Wolf, drückt der kräftigere Panzer-Wolfsmensch dank seiner lahmen Geschwindigkeit tüchtig auf die Spassbremse. In Sachen Gamedesign stapft Cyanide ausnahmslos in jedes Fettnäpfchen, das man finden kann. Die Höhe ist der finale Boss. Anstatt einen herausfordernden Obermotz hinzustellen, kämpfe ich gegen ein undefinierbares Etwas und als Extra werden nochmals 30 der normalen Gegnertypen recycelt, die ich schon zu Dutzenden im Spieldurchlauf erledigte. Schnarch. Nett ist auch, dass ich Wachen und Wärter mit der Armbrust kaltstellen kann, dann gebt mir aber bitte auch genügend Munition! Dass Geiz bei Werewolf: The Apocalypse Programm ist, sieht man auch an der merkwürdigen Releasepolitik. Kaum war ich mit dem Spiel durch, lockt mich ein Popup mit dem "Champion of Gaia Pack": 3 neue Kostüme, 4 Fell-Farben, 1 neuer Finisher und 1 Naturgeist als Kampfhilfe - und das für lächerliche CHF 13.90. Bei so einem dünnen Ingame-Content noch was rausschneiden? Warum?? Es gibt ja nix mehr zu tun nach dem Durchspielen. Was soll ich dazu noch sagen? Mir fehlen die Worte...
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