Steven Rogers aka Captain America wird zwar zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ausgemustert, will aber seinem Land dennoch dienen. Daher meldet er sich als Freiwilliger für ein Experiment der Regierung.
Ein geheimes „Supersoldatenserum“ soll gewöhnlichen Menschen zu körperlicher Höchstleistung verhelfen. Zwar ist das Experiment ein Erfolg, doch wird der verantwortliche Wissenschaftler von einem Spion der Nazis getötet, weshalb Steve am Ende der einzige Supersoldat bleibt. Mit einem Kostüm in den Farben der amerikanischen Nationalflagge ausgestattet, wird er zu Captain America und kämpft als solcher für sein Land gegen die Kriegsgegner sowie deren Spione und Saboteure.
Ich gebe zu, ich bin ein bisschen vorbelastet. Meine drei Lieblingssuperhelden sind Spider-Man, Batman und - ihr werdets erraten - Captain America. Der patriotische Rächer hat es mir vor allem aus einem Grund angetan: Er verkloppt Nazis! Nicht irgendwelche Nazis, nein, Super-Nazis... und Nazi-Roboter mit Sci-Fi-Bewaffnung, jene mit dem gewissen 'Wolfenstein'-Effekt. Darum war ich bei der Ankündigung von Captain America: Super Soldier recht angetan, vor allem weil die Entwickler offenbar einiges von meinem anderen Lieblings-Spiel mit Lieblings-Superheld - Batman: Arkham Asylum - kopieren wollten. Nun hab ich das Spiel durchgespielt, auf der härtesten Stufe, inklusive aller Challenges und Achievements. Was man so lange angefressen spielt, muss also gut sein, oder?
Die Antwort darauf ist nicht so einfach. Ich muss zugeben, dass ich nach den ersten Spielminuten eher enttäuscht war. Die Grafik ruckelt, das Level-Design ähnelt - zumindest in der ersten Hälfte - einem Schlauch. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Das Kampfsystem war aber dermassen spassig, dass ich mal darüber hinweggesehen habe. Wie in Batman AA regiert beim Kämpfen sauberes Timing und nicht blödes Knöpfchendrücken. Vier Buttons stehen für die Kampfeinlagen zur Verfügung: Angriff, Counter, Ausweichen und Wurf. Das Schöne dabei ist, dass sich diese Aktionen herrlich leicht zu äusserst effektvollen und optisch beeindruckenden Kampfserien verknüpfen lassen. Quasi in 360 Grad. Ich nenne das gerne mal 'Freeflow-Combat'. Wenn die Entwickler etwas fehlerfrei hinbekommen haben, dann das. Caps Special-Moves mit seinem Schild und Konter-Attacken lassen sich prima in die Combos einbauen, wie auch die ninjamässigen Ausweichmoves.
Neben den Kämpfen stehen ausdauernde Kletter- und Hüpfpassagen auf dem Programm. Captain America ist ein flinkes Kerlchen und schwingt sich agil durch die Lüfte. Wo er sich genau festhalten kann, wird durch Druck auf den 'Sense'-Button ersichtlich. Ist der 'siebte Sinn' aktiv, färbt sich die Umgebung gelblich und alle Items, interaktiven Objekte und eben die Kletterwege werden leuchtend sichtbar gemacht. Dann kommt es nur noch auf Timing an, damit man jeden Sprung optimal erwischt und dabei seine Move-Leiste aufladen kann. Die Special-Move Energie benötigt man dringend bei den Fights gegen Nazi-Wissenschaftler Armin Zola's Super-Nazis. Die Gegnervielfalt lässt sich sehen: Standard-Soldaten mit Shotgun, Nahkampfspezialisten mit Elektro-Tonfa, Sniper, fette, gepanzerte Brocken wie die 'Warden' oder mit Plasmalaser ausgerüstete 'Scorcher', laufende Panzer mit Schallwaffen oder die total abgedrehten Screamer, die mit Telekinese auf euch Jagd machen. Jeder Gegner will mit einer anderen Taktik erledigt werden, die ihr erstmal herausfinden müsst. Das motiviert und macht Laune, auch wenn die Bösewichter ab und zu ziemlich dumm agieren.
Weniger toll ist das Level-Design. Das Setting stimmt aber: Das Abenteuer spielt komplett in einem Nazi-Schloss, dass mit vielen Locations wie Labor, Zellblock, Bibliothek, Vorstadt oder Flugplatz aufwartet. Das erinnert wieder an die Insel aus Arkham Asylum. Wie erwähnt läuft man zu Beginn aber meist durch lineare Schläuche. Erst ab der zweiten Spielhälfte wird es glücklicherweise offener und man darf sich frei im Schloss bewegen, um z.B. auf Itemsuche zu gehen. Als Schnellreiseoption dient der Abwasserkanal, der unter dem Gebiet hindurch führt. Zu finden gibt es jede Menge: Dokumente, die einen Schadensbonus bei Gegnern einbringen, Filmrollen, die die Hintergrundgeschichte erläutern oder etwa Artefakte, die euch mehr über den ursprünglichen Schloss-Herrn - Baron Zemo - in Form von Audio-Logs Preis geben. Wer fleissig sucht kriegt viele zusätzliche Erfahrungspunkte und kann sich damit schneller neue Special-Moves und neue Stages für den Challenge Modus freischalten. Jäger und Sammler kommen voll auf ihre Kosten.
Kleine Rätseleinlagen sorgen für Abwechslung. So müsst ihr Türschlösser knacken, die mit Enigma-Codes verschlüsselt sind. Dazu führt die mit den beiden Sticks gleiche Zahlen übereinander. Die überall im Schloss stationierten Flugabwehrgeschütze sollten auch alle zerstört werden, dies mit Hilfe von C4-Sprengstoff. Oder ihr sabotiert Computer und andere Anlagen, indem ihr sie in einem kleinen Mini-Spiel kurz schliesst. Die Karte zeigt euch an, wo ihr als nächstes hin müsst oder wo wichtige Items versteckt sind.
Wer die rund 8 Stunden lange Kampagne beendet hat, darf sich an einem Challenge-Modus versuchen. Es gibt zwar nur knapp ein Dutzend verschiedener Aufgaben, die aber recht abwechslungsreich gestaltet wurden. So müsst ihr euch z.B. in einer von-Oben-Sicht durch ein Labyrinth schlängeln und Keramik-Eier sammeln, könnt aber dabei nicht kämpfen und müsst den Nazis entkommen. Erinnerungen an Pac-Man werden wach! Gold-, Silder- und Bronze-Medals werten hier eure Performance. Zudem gibt's es Extra-XP, die ihr im Hauptspiel verwenden dürft.
Fazit:
Das grosse Spielevorbild von Captain America: Super Soldier ist ganz offensichtlich der Überraschungshit Batman Arkham Asylum. Leider erreicht der Supersoldat zu keiner Zeit die Qualitäten seines Vorbilds, was wirklich schade ist. Denn so werden nur wenige die Vorzüge des Spiels zu Gesicht bekommen, allen voran das wirklich tolle Kampfsystem. Das hier mehr drin gewesen wäre, hat SEGA vermutlich selbst gemerkt und fairerweise das Spiel zum Budget-Preis veröffentlicht. Sehr gut, denn so kann ich es trotz Mängel durchaus empfehlen. Ich hatte jedenfalls eine Menge Spass damit. Es ist jammerschade, dass Captain America technisch so schwach ist, denn mit einer ausgereiften Grafik-Engine und ein bisschen mehr Zeit wäre das ein richtig tolles Spiel geworden. Hoffen wir auf einen besseren zweiten Teil.
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