Skeptisch haben Fallout Fans an der E3 2018 die Ankündigung zu Fallout 76 verfolgt. Ob das Spiel uns in ein gemeinsames Abenteuer führt oder ob uns nur postnukleare Leere erwartet?
Mit einem bildgewaltigen Trailer und poppiger Neuauflage vom Song Country Roads wurde uns im Juni an der E3 Fallout 76 vorgestellt. Nach kurzer Euphorie folgte dann aber bereits Ernüchterung und Skepsis. Ein Fallout, welches zusammen mit Freunden gespielt werden kann, klingt zwar im ersten Moment gar nicht so schlecht. Ein Abenteuer mit PVP, ohne NPCs und ohne grosse Aufgaben allerdings liess die Fangemeinde argwöhnisch dem Erscheinungstermin entgegenblicken.
Wir beginnen das Spiel im Vault 76, welcher mitten in West Virginia liegt. Der dritte Weltkrieg ist vorbei und die menschliche Zivilisation wurde fast gänzlich durch Atombomben von der Erde getilgt. Einzig ein paar wenige Menschen, welche in den Bunkern von Vault-Tec Schutz erhalten hatten, haben überlebt.
Als erstes können wir unseren Charakter entwerfen, bevor wir durch eine Reihe von Tutorials zum Ausgang des Vault geführt werden. Die wichtigsten Spielmechaniken werden uns so kurz erklärt und bereiten uns auf das Leben in der Ödnis vor. Vorsichtig näheren wir uns der Vaulttür und treten hinaus in die neue Welt. Vault 76 liegt in mitten eines kleinen, üppigen Waldstücks. Wir folgen dem Questmarker und treffen bereits wenige Schritte später auf ein paar aggressive Roboter, die uns sofort angreifen. Mit ein paar gezielten Schlägen oder Schüssen können wir uns den Gegnern entledigen und die leblosen Körper nach Materialien durchsuchen. Bald darauf erreichen wir den ersten Questmarker, wo wir ein Holotape finden, welches uns nach einer kurzen Aufzeichnung weiter zum nächsten Punkt auf der Karte schickt.
Wer Fallout 4 gespielt hat, wird sich auch in Fallout 76 schnell zurechtfinden. Die Spielmechanik ist fast identisch und auch das Interface des Pip-Boys kennen wir aus dem letzten Spiel. Wir finden hier wieder das Inventar, unsere Stats, Radiosender und können auf Perks zugreifen. Ebenfalls wurde das V.A.T.S System integriert. Dies funktioniert allerdings etwas anders als noch im Vorgänger. Statt die Zeit zu verlangsamen, erhöht es dieses mal die Treffsicherheit und richtete mehr Schaden an, während das Spiel im Hintergrund in Echtzeit weiterläuft. Das System funktioniert allerdings nicht immer einwandfrei und die Trefferquote sinkt, je schneller sich ein Feind bewegt.
Die Spielwelt selbst ist wunderschön designt, abwechslungsreich und das Highlight des Spiels. Bunte Herbstwälder wechseln sich mit verlassenen Ruinen und trostlosem Ödland ab und laden uns ein auf Entdeckungsreise zu gehen. Wir streifen weiter durch kniehohe Gräser, vorbei an verlassenen Farmen und verrosteten Autos. Bald darauf erreichen wir auch schon die erste Kleinstadt, in der wir viele Gegenstände und Ressourcen finden. Hier treffen wir auch zum ersten Mal auf einen mechanischen Händler, bei dem wir unsere nicht benötigten Fundstücke verscherbeln können.
Der Inventarplatz in Fallout 76 ist zum Frust aller stark beschränkt. Dies gilt sowohl für die Dinge, die wir mit uns tragen, als auch für unsere Vorratskiste im Lager. Bei einem Spiel, das hauptsächlich vom Sammeln und Craften lebt, dürfte zumindest der Stauraum in unsere Base ein bisschen grösser oder zumindest ausbaufähig sein. Darum verbringen wir einen Grossteil der Zeit mit Inventarmanagement, was auf Dauer ganz schön nervig ist. Auch können wir nicht alles verkaufen, sind die Händler nur selten in der Welt anzutreffen und haben pro Fraktion und Tag nur 200 Caps zur Verfügung.
Trotz der schönen Landschaften wirkt die Welt leer und verlassen, was der apokalyptischen Erde geschuldet ist. Leider gibt es so aber auch nicht viel zu tun. Ausser Mitspieler gibt es nämlich keine anderen Menschen. Die ganze Geschichte und die meisten Quests werden darum nur mit Hilfe von Holotapes, Briefen und Terminals erzählt. In Fallout 4 mochte dies zwar noch eine nette Abwechslung zu den anderen Aufgaben gewesen sein, als Hauptquest allerdings unterbricht diese Art der Storyentwicklung den Spielfluss und es fehlen tiefgründige Interaktionen mit anderen Figuren. Einige Quests werden zwar von Robotern oder anderen Wesen vergeben, doch kommen diese nicht an ausgearbeitete, menschliche Charakter heran.
Auch sind die Quests meist generisch und repetitiv und fordern uns oft nur auf irgendwo hin zu reisen, um das nächste Holotape zu finden oder Tiere und Maschinenwesen zu töten. Die Multiplayer Quests bieten etwas mehr Action, sind aber alleine nicht immer machbar und bei nur 24 anderen Spielern auf der Karte wartet man des öfteren umsonst auf Unterstützung.
Eine unserer Hauptaufgaben in Fallout 76 ist unsere Base aufzubauen. Dafür benötigen wir Unmengen an Ressourcen, die wir in der Welt finden und zusammentragen können. Hier können wir alles errichten, was wir so auf unsere Reise benötigen. Eine Kochnische, eine Werkbank oder auch nur ein Ort um uns Auszuruhen. Solange wir online sind, ist auch unser Camp für alle sichtbar und kann angegriffen werden. Darum empfiehlt es sich in Verteidigung zu investieren. Geht der Spieler offline, verschwindet auch das Lager bis zur nächsten Gamesession. Ausserdem können wir auch ohne Probleme das Camp in der Welt verschieben oder einfach wo anders aufbauen, sollte es mal zerstört werden.
Neben dem Sammeln und Craften von Baumaterial für unser Lager, müssen wir uns auch um das leibliche Wohl kümmern. An sprudelnden Flüssen können wir unseren Durst löschen und mutierte Tiere für Nahrung jagen. Besser ist es allerdings, das Wasser erst zu reinigen und das Fleisch zu braten, bevor wir es zu uns nehmen, da alles in der Welt radioaktiv verstrahlt ist.
Anders als in den Vorgängern der Reihe werden die Skills in Fallout 76 über ein Kartensystem verteilt. Diese werden zufällig gezogen und können benutzt werden um zum Beispiel mehr Gewicht tragen zu können oder Schlösser zu knacken. Das System ist zwar ganz nett, kann aber wegen des Zufallsprinzips auch frustrieren, wenn die benötigte Karte auf sich warten lässt.
Neben den uns feindlich gesinnten Wesen in Fallout 76 können wir auch gegen Mitspieler kämpfen. Wirklich zum Player versus Player kommt es allerdings erst, wenn unser ausgewählter Gegner sich wehrt und uns ebenfalls angreift. Dennoch können wir auch ohne Gegenwehr jemanden umbringen. Dies bringt uns allerdings weder Belohnung noch Erfahrung und setzt obendrein noch ein Kopfgeld auf uns aus.
Leider finden wir in Bethesdas neustem Game auch allerlei Bugs und eine wakelige Bildrate. Die Grafik-Engine ist einfach nicht mehr zeitgemäss und sollte bald ersetzt werden. Ausserdem scheint das Spiel auch nicht jeden Fortschritt zu speichern, was sehr ärgerlich ist.
Wer dennoch bis zum Endgame durchhält, bekommt spannende Zusatzaufgaben wie etwa Nuklearcodes suchen und entschlüssel, um dann ein Atombombe über einem Gebiet abzuwerfen. So können neue Materialien oder spezielle Bosse heraufbeschworen werden.
Fazit:
Fallout 76 lässt viel Potenzial erahnen, scheitert aber bei der Umsetzung. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Ideen und Konzepten. Einzig bei der bildgewaltigen Spielewelt, welche zum Entdecken und Erkunden einlädt, punktete das Spiel. Die postapokalyptische Atmosphäre wurde perfekt eingefangen und entführt den Spieler abermals in eine detaillierte, abwechslungsreiche Welt. Unsere Entdeckungsreise wird allerdings durch die nicht enden wollende Monotonie aus Sammeln und Craften und jede Menge Bugs überschattet. Menschliche NPCs, die der Geschichte hätten Tiefe geben können, werden schmerzlich vermisst. Auch fehlt es an richtigen Aufgaben, spannenden Quests und Zielen und so wandern wir meistens einfach umher auf der Suche nach Ressourcen. Das wird schnell langweilig. Toll wäre es gewesen hätten wir uns mit Freunden durch eine spannende Story kämpfen, skurrile Charakter treffen und gemeinsam gegen feindliche NPCs bestehen können. Dennoch kann das Spiel für ein paar Stunden unterhalten, vor allem wenn wir nicht alleine unterwegs sind. Für Langzeitmotivation muss Bethesda aber noch einige Patches rausbringen und die Bugs beheben. Obwohl es überall an Verbesserungen mangelt, gibt es bereits einen Shop mit Mikrotransaktionen, was zusätzlich einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.
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