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The(G)net Review: Gotham Knights

Batman ist tot! Der Tod des dunklen Ritters ist wie ein Weckruf für den gesamten kriminellen Abschaum Gothams, sich ohne Angst und Reue das nächste Bleirohr zu schnappen und auf die Strasse zu gehen, um fröhlich zu rauben, zu stehlen und zu morden.


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Was der Pöbel jedoch nicht weiss ist, dass Batman zwar nicht mehr unter den Lebenden weilt, die Fackel der Gerechtigkeit aber an die Fledermausfamilie weitergereicht hat. Und die werden nicht zulassen, dass ihre Stadt ruiniert wird.


Ein Batman-Spiel ohne Batman zu entwickeln, ist ein wahrlich mutiger Ansatz. In Gotham Knights zwengt sich Bruce's "Nachwuchs" in die engen Spandex-Klamotten - Nightwing, Red Hood, Robin und Batgirl. Die Bat-Familie trauert um ihr Vorbild, ihren Mentor, ihr Idol. Die neuen Helden stehen plötzlich vor einer gewaltigen Aufgabe und müssen in Batmans Fussstapfen treten, auch wenn sie auf diese Verantwortung nicht wirklich vorbereitet sind. Dennoch finden sie lustigerweise Zeit, sich mit nichtigen Kleinigkeiten zu beschäftigen, von der Suche nach einem Bengel, der Nightwings Pizza gegessen hat, bis hin zu einem Dance Dance Revolution-Tanzwettbewerb zwischen Batgirl und Red Hood. Ich hatte Mühe damit, den archtypischen Charakteren zwischen Trauer und Rachegefühlen eine gewisse Ernsthaftigkeit zuzugestehen, denn das Spiel verkommt allzu oft zur billigen Komödie.


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Die Oberflächlichkeit jedes einzelnen Helden hilft da auch nicht weiter. Die Autoren haben sich für jeden von ihnen eine Eigenschaft ausgesucht und den gesamten Charakter um diese herum aufgebaut. So hören wir mehr als einmal, wie Red Hood davon redet, wie schrecklich es war, aus dem Brunnen des Lazarus zu den Lebenden zurückzukehren. Nightwing hingegen wird nie einen Satz ohne Sarkasmus beenden. Robin nutzt jede Gelegenheit, um uns daran zu erinnern, dass Bruce tot ist, und Batgirl schafft es immer wieder, allen zu zeigen, wer hier wirklich "The Brain" der Truppe ist. Sie ist es, die stets und unverhofft eine verblüffende Lösung zum nächsten Problem findet, um die Handlung voranzutreiben.


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Gotham Knights wirkt wie ein standardisiertes und ziemlich mittelmässiges Actionspiel, das seine Open World mit langweiligen und uninteressanten Aktivitäten füllt. Die meiste Zeit verbringen wir mit gleichförmigen Kämpfen gegen die zahlreichen Gangs von Gotham. Es gibt nichts Spassigeres, als im Free-Roam eine Gruppe von Mr. Freezes Schergen beim Versuch, eine Bank auszurauben, aus dem Weg zu räumen, nur um wenig später in einer Story-Mission mit derselben Aufgabe an denselben Ort geschickt zu werden. Man sollte also wenn möglich nicht auf Erkundungstour gehen, sondern erst einmal die linearen Story-Missionen abarbeiten? Kein guter Ansatz für ein Open World Spiel, wobei man sich zu keiner Zeit wie ein Superheld fühlt, sondern eher wie ein Einkäufer im Supermarkt, der gedankenlos eine Einkaufsliste abhakt.


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Zu den optionalen Aktivitäten gehören die völlig banalen Zeit-Rennen mit dem Batcycle, das Einsammeln dutzender ausrangierter Batarangs oder das Finden von Batman's Tagebüchern. Vom langweiligen Freischalten der Schnellreisepunkte via Augenscanner rede ich noch gar nicht. Dazu gesellt sich ein grauenhaft überladenes und unnötiges Crafting- und ein völlig nutzloses RPG-System, dank dessen viele der inkompetenten Strassenschlägern zu regelrechten Panzern mutieren, auf die man gefühlt minutenlang einschlagen muss, bis sie zu Boden gehen. Da kann selbst der Koop-Modus nicht mehr viel retten. Gut, man könnte das Spiel auf "very easy" spielen, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache. Es ist zwar schön, dass man die Helden, die Kostüme und Waffen jederzeit wechseln kann, aber egal wen oder was man auswählt, die Unterschiede sind oft nur optischer Natur, die Auswirkungen auf das Gameplay nicht erwähnenswert.


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Im Kern ist Gotham Knights zumindest ein recht kompetenter Brawler. Das Kampfsystem ist befriedigend, hat ein gutes Tempo und Gewicht, und obwohl sich die einzelnen Helden eher in kosmetischen Details unterscheiden, macht es Spass, sie alle auszuprobieren und Feinde auf viele verschiedenen Arten zu vernichten. Immerhin hat jeder Superheld ein paar eigene Special-Moves im Gepäck. Es ist nur so, dass die Schlägereien meiner Meinung nach das Spiel nicht tragen. Zum einen fehlt die Freude an neuen, freischaltbaren Gadgets, was in der Arkham-Reihe so gut funktioniert hat. Hier gibt es keine Tools im Metroidvania-Stil, mit deren Hilfe man Levelteile erst später erkunden könnte. Und drittens hat man es mit den immer gleichen Gegnertypen zu tun, deren Strategien nur allzu schnell durchschaut sind.


In Gotham Knights gibt es im Grunde nur vier Gegnerarten; normaler Typ, Typ mit Gewehr, grosser Typ und schneller Typ. Bei grossen Typen muss man z.B. zuerst die Verteidigung durchbrechen, was mit nur einem speziellen Angriff erledigt ist. Ganz zu schweigen von der Unart, dass mich Gegner selbst inmitten einer Kampfanimation verletzen können (was in der Arkham-Reihe nie der Fall war). Stealth-Einlagen sind zwar eine Option, bieten wenig Befriedigung, zumal es meist schneller und einfacher ist, mit roher Gewalt vorzugehen. Arkham Knights spielt sich in etwa so, wie die Arkham Games in der ersten Stunde, bevor man allen möglichen Kram freischaltet.


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Was Gotham Knights zumindest ein wenig aus der muffigen Kanalisation von Killer Croc herausholt ist die Geschichte. Oder besser gesagt, Teile davon. In den Nebenmissionen begegnet man zwar nur wenigen bekannten Bösewichten, aber die Höhepunkte ihrer letzten Kapitel mit fast Souls-artigen Bosskämpfen waren in der Tat ziemlich grossartig. All dies wird durch die Story um das Eulentribunal noch unterstrichen. Die geheime Kabale von Einflussnehmern, die die Fäden in der korrupten Stadt ziehen, hat Batman vor einem Jahrzehnt in dem gleichnamigen Comic das Leben schwer gemacht. Und es war ein Zusammenstoss, den Bruce Wayne nur knapp überlebte. Der jahrhundertelange Einfluss dieses Geheimbundes wurde im Comic auf brillante Weise in Gotham verankert, in den geheimen Dachböden, den versteckten Zwischengeschossen und den Grundfesten der Stadt. Ich halte es daher für eine verpasste Chance, dass Gotham Knights kaum mit Worldbuilding arbeitet. Die Aufdeckung der Vergangenheit des Eulentribunals an rein linearen, abgeschlossenen Orten hat zwar für das Drehbuch einen Vorteil - Thema Inszenierung - aber sie gehen völlig am Thema vorbei und sind nicht tief mit der Stadt verwoben. Hier wäre das oben erwähnte Metroidvania-Tool System eine gute Idee gewesen, mit dessen Hilfe man versteckte, unbekannte Orte finden könnte.


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Apropos Stadt; Gotham war schon immer ein fester Bestandteil der Welt von Batman. So sehr, dass sie fast eine eigenständige Figur darstellt. Ob die düsteren Slums der Narrows, der neonfarbige Financial District oder das verfallende Industriegebiet des Cauldron - jeder Ort hat seinen eigenen unvergesslichen Look und ist eng mit einer Batman-Geschichte und/oder -Schurken verbunden. Abseits von Mr. Freeze, Penguin, Harley & Co. gibt's in diesen Strassen aber nicht viel zu entdecken. Die Kulissen sind zwar hübsch, wirken aber tot und bis auf eine Handvoll Fussgänger oder sporadisch ein paar Autos sind sie absolut leer. Die Illusion einer lebenden, atmenden Stadt wir zu keiner Zeit erreicht.


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Bevor ich diese leidliche Review abschliesse, muss ich aber noch einen zusätzlichen Nagel in den Ritter-Sarg schlagen. Gotham Knights erscheint nur für die aktuelle Konsolengeneration (und PCs). Darum verstehe ich nicht ansatzweise, warum es auf den potenten Konsolen auf lächerliche 30fps beschränkt ist. Die Stadt ist bedauernswert leer, eine grossartige Physikengine nicht vorhanden und besonders fortschrittlich ist die Grafik auch nicht. Das sieben Jahre alte (!) Batman: Arkham Knight sieht in jeder Hinsicht besser aus.



Fazit:

Gotham Knights wirkt wie ein von Anzugträgern kalkuliertes Produkt ohne Seele. Es kommt mir vor, als wäre es von eben solchen als Service-Game geplant, aber in Anbetracht des Shitstorms der letzten Monate gegenüber diesem Geschäftsmodell hastig umgekrempelt worden. Die Entwickler haben dann noch versucht, das beste daraus zu machen. Das Resultat ist im Kern ein Flickenteppich aus unlustigen Aktivitäten, technischen Unzulänglichkeiten und unpassenden RPG-Elementen, die irgendwie so knapp von einer soliden Geschichte und dem "ok-ischen" Kampfsystem zusammengehalten werden.



Wir haben Gotham Knights auf Xbox Series X getestet. Ein Test-Muster haben wir keines bekommen, darum haben wir uns das Spiel selbst besorgt. Auch PC- und PS5-User können sich das Spiel besorgen.


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