The(G)net Review: Hell Is Us
- Armin Medic
- vor 55 Minuten
- 4 Min. Lesezeit
"I believe in heaven, because we are living in hell", so ganz Unrecht hatte US-Rapper Raekwon nicht. Denn die Kriegslust wurde dem Homo Sapiens in die Wiege gelegt, der industrielle militärische Komplex sorgt für den Rest. Im Gegensatz zu glorifizierenden Events wie COD oder Battlefield zeigt Hell is Us die dunkle Seite des Krieges auf.

Remi hat es nicht leicht. Mitten in den Kriegswirren stolpert unser Held in einen Plot, der uns in den nächsten 15 Stunden einiges an Hirnschmalz kosten wird. Hell is Us verzichtet komplett auf irgendwelche Missionsmarker oder Übersichtskarten. Selber Herausfinden lautet die Devise des französischen Entwicklungsteams. Um es nicht unnötig zu erschweren, wurde die Story mit den Semi-Open World Arealen in drei Akte unterteilt, die mehrere Hauptmissionen umfassen.

Wichtige Infos holen wir uns bei den NPCs, von denen beinahe keiner unversehrt den Krieg überstanden hat. Die meisten sind leicht bis schwer verletzt oder sogar verstümmelt. Zu unserem Sammelwahn gesellen sich Dokumente, Mauer Graffitis, Audiokassetten und kryptische Schriften, die wir mit unserem Sidekick, einer multifunktionalen Drone, entschlüsseln. Archiviert wird alles im opulenten Inventar in Form eines Tablets.

Auf unserem Streifzug durch zerstörte Dörfer und Ruinen werden wir wider Erwartens nicht von durchgedrehten Söldnern oder waffenaffinen Freischärlern in die Zange genommen, dafür versperren uns öfters gesichtslose Humanoide das Weiterkommen. Wie wir im Intro schnell herausfinden, sind Revolver und andere Schusswaffen nutzlos gegen die nicht menschlichen Feinde. Mit einer strammen Klinge dezimieren wir die stummen Angreifer, laden unser Schwert mit einer Charge Move auf, blocken souverän Angriffe und rollen mit einem kurzen Überschlag aus der Gefahrenzone. Unser Held Remi ist dabei nicht der freudigste Hüpfer. Auf eine Jump Option wurde verzichtet.

Das Kampfsystem wartet mit ein paar ungewohnten Mechaniken auf. Während wir mit Säbel, Doppel Axt oder Grossschwert zuhauen, bilden sich stets ein paar Partikel um Remi. Formiert sich das ganze zu einem soliden Lichtring, ist das der Hinweis, dass wir per Schultertaste den ausgeteilten Schaden für unsere Lebensleiste zurück gewinnen können, insofern das Timing klappt. Das mag zu Beginn etwas befremdlich wirken, hat man aber einmal den Dreh raus, mutiert Remi beinahe zur unzerstörbaren Kampfmaschine. Ein kleiner Tipp für diejenigen, die trotzdem den korrekten Zeitpunkt mehrheitlich verpassen. Haltet die Lifebar im Auge, sobald der graue Balken weiss aufleuchtet, sofort den Button betätigen.

Da unsere Kampfaktionen an einer Staminaleiste hängen, müssen wir uns zusätzlich mit dem Ausdauer-Management beschäftigen. Aber aufgepasst, schrumpft unsere Lebensenergie, zieht die Stamina mit. Wildes Hack & Slay ist in solchen Situationen kontraproduktiv. Damit wir schon gar nicht in solch ein Dilemma geraten, nutzen wir eifrig unsere sekundären Angriffsoptionen. Jede Waffe lässt sich mit vier unterschiedlichen Glyphen ausstatten, die uns wuchtige Special Moves bescheren. Alternativ borgen wir uns die versteckten Talente unserer Drohne aus. Diese lassen sich mit speziellen Modulen ausstatten, die uns mit wirkungsvollen Attacken wie Wirbelwind, Lähmung, oder Dash-Slice unterstützen. Nach einem mittellangen Cooldown sind unsere Sonderaktionen einsatzbereit.

Nach der ersten Hälfte der ersten Mission treffen wir auf den Schmied. In seiner spärlichen Bude zimmert er uns Upgrades für unsere Klingen und Accessoires zusammen und verleiht ihnen einen der vier Statuseffekte. Terror, Extasy, Rage oder Grief. Das mag auf den ersten Blick nicht wichtig sein. Im späteren Verlauf werden unsere humanoiden Feinde jedoch von Energiebündeln, den sogenannten "Hollows", begleitet. Je nach Farbe sollten wir unsere äquivalente Klinge zücken, da sie durch das korrekte Element viel stärkere Treffer austeilt. Denn die Hollows regenerieren sich wieder, insofern wir es nicht in dem kurzen Zeitraum schaffen, den Gegner zur Strecke zu bringen.

Während der Kampfanteil von Hell Is Us bei etwa 35% liegt, nehmen die vielen Rätsel und Puzzles den Rest der Spielzeit ein. Ob nun irgendwelche mittelalterlichen Kirchen, die mit Runen aufgeschlossen werden müssen oder moderne Untergrundanlagen, die Keycards für versperrte Türen erfordern, in Sachen Umgebungsrätseln werden alle Register gezogen. Es kann sogar vorkommen, dass ihr eine Knobelei gelöst habt, um gleich in die nächste zu stolpern.

Die einzelnen Gebiete überbrücken wir mit unserem APC. Dieses militärische Allzweckfahrzeug wird von unserer NPC-Kollegin Tanja gesteuert. Hier holen wir uns auch neue Infos ab und wählen unser nächstes Ziel. Zusätzlich überlassen wir Tanja die gefundenen Spezialgegenstände zur Untersuchung. Sobald sie über genügend Infos verfügt, werden wir mit einem Hinweis auf einen Geheimbunker belohnt, der meist wertvollen Loot verspricht.
Hell Is Us gönnt uns drei verschiedene Schwierigkeitsgrade und die Wahl zwischen 60fps-Performance oder 4K bei 30 Bildern pro Sekunde. Nach den Credits erwartet euch zwar kein NG+, ihr dürft aber mit dem letzten Spielstand weitere Geheimnisse lösen und vergessene Nebenquests angehen.
Fazit:
Ich gehe stark davon aus, dass Ghost of Yotei dieses Jahr in Sachen Optik alles abreissen wird. Aber solange Sony's Samurai-Saga noch nicht erschienen ist, gebührt der Titel "schönstes Spiel 2025" vorläufig Hell is Us. Da schielt selbst Death Stranding 2 ungläubig um die Ecke. Die Level-Architektur ist schlichtweg fantastisch. Keine Assets aus der Konserve oder Grafikbausteine, die x-mal verwurstelt werden. Die Detailverliebtheit überrascht immer wieder und die Licht- und Schatteneffekte waren sogar im Performance Modus allererste Sahne! Vor allem läuft die ganze Sache absolut sattelfest. Eine bombastische Arbeit von unseren westlichen Nachbarn, die Unglaubliches aus Unreal Engine 5 rausholen. Während die Puzzles motivieren, schwächelt das Spiel ein wenig im Kampfdepartement. Die Aktionen sind allesamt wuchtig und mit satten Audio-FX unterlegt, trotzdem sorgt die träge Mechanik, die direkt aus dem ersten Dark Souls stammen könnte, langfristig für zu viel Monotonie. Und ob der gleichzeitige Lebens- und Staminababzug wirklich eine tolle Idee war, bezweifle ich heute noch. Anfänglich drückte ich aus reinem Automatismus konstant das Touchpad, um die nicht vorhandene Map aufzurufen. Im Verlauf konnte ich mich aber bestens mit der Idee der fehlenden Landkarte anfreunden. Action-Adventure Fans werden hier mit einem grossartigen Titel belohnt, dessen Atmosphäre und Setting bis zu den Credits fesseln.

Hell Is Us ist für PC, PS5 und Xbox Series X|S erschienen. Wir haben uns das Spiel auf der PS5 angesehen. Das Test-Muster stammt von NACON, wofür wir uns herzlich bedanken!