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The(G)net Review: Pokémon Karmesin & Purpur

Es ist fast unglaublich, dass Pokémon schon seit mehr als 25 Jahren existiert und dabei an der gleichen Formel festgehalten hat. Mit der neuesten Generation, Karmesin und Purpur, wird diese Formel umgekrempelt und das scheint sich bezahlt zu machen. Nintendo vermeldet mehr als 10 Millionen verkaufte Einheiten in den ersten drei Tagen, ein neuer Rekord! Aber es ist leider nicht immer alles Gold, was sich millionenfach verkauft. Wir sagen euch warum.


Pokémon Karmesin und Purpur Test Testbericht Review Nintendo Switch

Bringen wir das Setup schnell hinter uns: wieder einmal erhält man als Youngster sein erstes Taschenmonster von einem Professor und zieht los, um die Welt zu erkunden. Diese hört auf den Namen Paldea und wurde von der iberischen Halbinsel inspiriert. Ebenfalls altbekannt ist, dass die ersten Stunden als ausgedehntes Tutorial dienen, die besonders für wiederkehrende Spieler schmerzhaft sein können. Danach kommt das Spiel jedoch richtig in Fahrt. In der ersten Stadt angekommen hat man seinen ersten Schultag an der Orangen-Akademie. Nach nur minimalem, obligatorischem Unterricht gibt es schon die erste freie Projektarbeit, bei der man in der Welt seinen persönlichen Schatz finden soll. Dafür bekommt man drei Pfade vorgeschlagen. Ganz gewohnt kann man die acht Arenaleiter der Region herausfordern, um gegen die Elite 4 zu kämpfen und Champion zu werden. Alternativ kann man sich auf die Jagd nach den Leadern von Team Star machen, einer Gruppe Rüpel, die überall für Ärger sorgen. Zu guter Letzt kann man sich an die sogenannten Herrscher-Pokémon wagen, riesige Monster, die geheimnisvolle Kräuter und Gewürze schützen.


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Jeder dieser Pfade wird mit einem bestimmten NPC assoziiert, der einen auf diesem begleitet. Der Clou ist, dass man diese Pfade in beliebiger Reihenfolge angehen kann. Ob man sich zuerst durch alle Arenen arbeitet oder die drei Wege ganz nach Lust und Laune durchmischt, ist fast frei. Nach dem Besuch der Akademie ist die Welt offen und man kann sich zur Erkundung aufmachen. Es gibt dabei Levelbeschränkungen und wer sich zuerst an den Trainern ganz im Norden versuchen will, wird keinen Spass haben, da deren Level zu hoch sind. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass man sich problemlos mit Gegnern messen kann, die eigentlich ein höheres Level haben als man selbst. Es gibt so die Möglichkeit, den Schwierigkeitsgrad ein wenig selbst zu gestalten. Kehrt man im Anschluss in die Startgebiete zurück, zerstört man dort alle Gegner mit einer Attacke, aber nicht komplett an einen linearen Pfad gebunden zu sein, ist auf jeden Fall sehr erfrischend.


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Der Ablauf der einzelnen Pfade ist dafür leider sehr repetitiv. Die Herrscher der Regionen sind meistens halbwegs versteckt und hat man sie gefunden, kämpft man mit seinem Freund Pepper in einem Duokampf gegen sie. Dafür schnappt sich dieser das bewachte Kraut, macht einem daraus ein Sandwich und weiter geht der Weg. Diese Sandwiches spielen aber eine wichtige Rolle. Schon zu Beginn des Spiels trifft man auf das legendäre Monster der jeweiligen Version. Diese kann man zwar nicht gleich in den Kampf schicken, sie dienen aber Reittier, um schneller durch die Welt zu kommen. Jedes der Sandwiches, die Pepper macht, gibt diesen eine neue Fähigkeit. Nach und nach kann man dadurch durchs Wasser schwimmen, Berge erklimmen oder durch die Luft gleiten. Erneut zeigt sich, dass die offene Welt gar nicht so offen ist. Ohne diese Fähigkeiten bleiben nämlich einige Lokalitäten verschlossen, bis man weit genug im Spiel fortgeschritten ist.


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Wagt man sich ans Team Star, laufen auch dort alle Abschnitte genau gleich ab. Man begibt sich zu einer ihrer Basen und muss unter Zeitdruck eine bestimmte Anzahl ihrer Pokémon besiegen. Ist das geschafft, tritt man gegen den Boss des Gebiets an und kämpft gegen den Trainer und ihre bizarren Auto-Monster. Arenen bieten fast die grösste Abwechslung, denn bevor man gegen den Leiter antreten kann, muss zuerst eine Herausforderung bestanden werden, die einem Minispiel gleichkommt. So toll also diese Open-World ist, so wenig wird sie wirklich genutzt. Sie bietet so viel Freiheit wie noch kein Teil der Serie zuvor, ihr Potential wird aber auf keinen Fall ausgenutzt.


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Gefangen und bekämpft werden können insgesamt 400 verschiedene Pokémon, von denen ganze 103 Stück ganz neu für diese Versionen sind. Diese Neulinge sind wie die Region selbst inspiriert von Spanien und Portugal. Olini ist von der Olivenpflanze abgeschaut und ihre Entwicklungen folgen dem Pfad der Blüten. Die legendären Pokémon, die auch auf dem Cover zu sehen sind, erinnern nicht nur dank ihrer Funktion an Motorräder. Es gibt noch weitere Mönsterchen die ebenfalls an Maschinen verschiedenster Art erinnern, so merkwürdig dies im ersten Moment erscheinen mag. Ob die mehr als hundert neuen Pokémon wahnsinnig fantasievoll sind oder nicht, liegt wie gewohnt im Auge des Betrachters. Schön ist auch, dass sie alle in der Spielwelt anzutreffen sind. Wie schon in Arceus gibt es keine Zufallsbegegnungen mehr. Dadurch fällt es nicht nur leicht Pokémon zu finden, die man noch nicht in der Sammlung hat, es ist auch der Hauptgrund warum sich die Spielwelt nicht komplett leer anfühlt. Vogelpokémon fliegen in kleinen Schwärmen herum, Käfer schlafen in Baumwipfeln und Karpador kann endlich seinem Lebenssinn nachgehen, unnütz in seichtem Wasser herumplatschern.


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Das Kampfsystem an sich entspricht den letzten Teilen der Hauptreihe und hat z.B. keine Elemente, die in Arceus eingeführt wurden. Eingeführt wird jedoch die Terakristallisierung, welche man nur ein einziges Mal eingesetzt werden kann, bevor man sie wieder in einem Center auffüllen muss. Durch die Kristallisierung lässt sich der Typ eines Pokémons während eines Kampfes ändern, wodurch sich auch deren Stärken und Schwächen anpassen. Dies gibt den Kämpfen neue Tiefen und taktische Möglichkeiten, was sehr begrüssenswert ist.


Wichtig sind dafür auch die Teraraids, welche man in ähnlicher Form aus der letzten Generation schon kennt. Zusammen mit drei anderen Trainern, Spieler oder NPCs, kämpft man gegen Monster mit einer zufälligen Terakristallisierung. Gewinnt man den Kampf, kann man das Pokémon in die eigenen Reihen aufnehmen, um damit Gegner zu überraschen und sie hoffentlich komplett zu überrumpeln. Raids sind wohl auch das Hauptaugenmerk für das kooperative Spiel, denn wie erwähnt, kann man diese mit bis zu drei Freunden bestreiten. Neuerdings kann man mit diesen aber auch das ganze Spiel spielen, zumindest halbwegs. Im Grossen und Ganzen hat jeder Spieler in einer Partie seinen eigenen Fortschritt und ausserhalb der Raids kann man wenig Content der Story zusammen spielen. Gemeinsam durch die Welt zu reiten und Pokémon zu fangen ist trotzdem äusserst begrüssenswert und hoffentlich ein Zeichen, das in Zukunft noch mehr in diese Richtung gemacht werden wird.


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Alle diese Systeme greifen auch exzellent ineinander. Dazu kommt auch das Crafting von Maschinen zum Lernen von neuen Attacken, das Sammeln von überall verteilten Items, die Möglichkeit ein Pokémon unabhängig von Kämpfen loszuschicken, um wilde Monster zu erledigen und so nebenbei ein wenig zu grinden und noch viel mehr. Selbst das Endgame bietet noch einmal Neues, das wir aber natürlich nicht spoilern wollen. Was das Gameplay angeht, gibt es viele kleine Dinge, die wirklich nerven oder nicht verständlich sind. Nichtsdestotrotz macht es vor allem eins: unglaublich viel Spass! Wer mit der roten oder blauen Edition angefangen hat, hat wahrscheinlich genau diese Welt vor Augen gehabt, als er auf seinen dicken Gameboy gestarrt hat.


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Oder eben nicht ganz, denn technisch sind Karmesin und Purpur für ein First Party Spiel von Nintendo unter aller Sau. Das Argument, dass die Switch nicht genug Power hat, lassen wir nicht durchgehen, denn andere Spiele mit ähnlichem Ausmass haben es schon viel besser gemacht. Weitsicht wird nicht geboten, denn Objekte, NPCs und Pokémon poppen zum Teil erst wenige Meter vor einem auf dem Bildschirm auf. Die Framerate ist, besonders im Hintergrund, richtig übel. Sie ist bei herumspazierenden Leuten im einstelligen Bereich, denn man kann wirklich mitzählen, aus wie vielen Frames ihre Laufanimation besteht. Oft glitcht die Kamera unter den Boden oder in Wände. Städte sind zwar schön gestaltet, aber es lassen sich kaum Gebäude betreten. Selbst Läden oder Pokémon-Center sind nur Stationen in der Spielwelt und keine Innenbereiche. Es wirkt extrem leblos. Die Qualität der Texturen ist auch nicht wirklich gelungen, denn sie sind matschig und hässlich. Man könnte spekulieren, wieso die Grafik so schlecht ist, aber es ist ein Fakt, dass sie es ist. Pokémon war noch nie bekannt für eine wunderbare Optik, aber dieses Mal haben sich die Entwickler noch einmal unterboten.


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Dem gegenüber steht ein fantastischer Soundtrack und damit meinen wir nicht das Lied von Ed Sheeran, das zu den ruckelnden und zuckelnden Credits läuft. Nachdem Toby Fox, bekannt durch beispielsweise Undertale, schon in Schwert und Schild ein Lied komponiert hatte, gibt es dieses Mal noch mehr von ihm zu hören. Dazu zählt unter anderem die geniale Musik in der Oberwelt, welche je nach Region, in verschiedenen Versionen zu hören ist. Sie tragen auf jeden Fall dazu bei, dass zumindest ein wenig Stimmung aufkommen kann, auch wenn die Grafik das immerzu verhindern will. Sprachausgabe gibt es weiterhin gar keine, wodurch einige Szenen und Zwischensequenzen ungewollt lustig werden.



Fazit:

Ich hatte und werde auch weiterhin Spass mit Pokémon Karmesin haben. Die Welt zu erkunden, mein Team zu verstärken und den Pokédex zu vervollständigen, haben eine regelrechte Sogwirkung auf mich. Leider ist der technische Aspekt der neunten Pokémon Generation fast unzumutbar. Ob das an Zeitmangel und Druck für die Entwickler lag, kann ich nicht sagen, aber der schlechte technische Zustand schafft es schon fast den Spielspass komplett zu killen. Wer über die massiven Probleme hinwegsehen kann und eine Schwäche für die japanischen Taschenmonster hat, wird jedoch sicher auf seine Kosten kommen.



Pokémon Karmesin und Purpur gibt's nur auf Nintendo Switch. Das Test-Muster stammt von Nintendo, wofür wir uns herzlich bedanken!



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