The(G)net Review: Rematch
- Simon Martella
- 1. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Wenn Chaos Fussball spielt. Was kommt raus, wenn EA SPORTS FC und Rocket League miteinander rummachen? Genau: Rematch, ein Spiel, das sich anfühlt wie Bolzplatz bei 35 Grad, nur digital und mit Tribünen drumherum. Wer jetzt denkt, das ist einfach FIFA mit Sprungtasten, liegt falsch. Das hier ist eindeutig mehr Rocket League und zwar nicht die massentaugliche, gezähmte Version, sondern die Unberechenbare mit viel Tempo und noch mehr Frustpotenzial.

Eines direkt vorweg: Die Steuerung ist nichts für Leute, die abends einfach nur die Füsse hochlegen wollen. Wer gewohnt ist, mit einem Knopfdruck den Ball zu schiessen, wird hier erstmal danebenBALLern. Im wahrsten Sinne des Wortes! Denn in Rematch wird aktiv gezielt und zwar mit Blickrichtung, Timing und Gefühl. Dazu gesellen sich Kombos, die fast an Prügelspiele erinnern. Für mich, der nicht zur TikTok-Generation gehört, war das erstmal ein harter Reality Check. Aber, wer sich reinkämpft merkt, dass genau darin der Reiz liegt.

Spielerisch geht es rund! Ob 3v3, 4v4 oder 5v5, alles spielt sich intensiv, schnell und ohne viel Unterbrechung. Kein Abseits, keine Fouls, kein VAR. Stattdessen sind an der Platzbegrenzung Wände, von denen der Ball wie im Eishockey abprallt und ein Torwartsystem, das automatisch nach jedem Gegentor wechselt. Klingt verwirrend? Ist es auch, zumindest anfangs. Aber es funktioniert erstaunlich gut. Goalkeeper zu sein macht fast am meisten Spass und ist einfach zu erlernen. Torwart ist immer der, welcher in der Abwehr als erstes alleine im Strafraum steht.

Was den Spielspass betrifft; der ist da, obwohl das Spiel noch nicht perfekt ist. Denn Grätschen fühlen sich nicht wuchtig genug an, Pässe landen oft da, wo man sie eben nicht haben wollte, und bei Schüssen fragt man sich oft, ob der Daumen gerade ein Eigenleben entwickelt hat. Und trotzdem, mit ein bisschen Übung wird das Ganze bald erstaunlich rund. Vor allem im Team. Denn wenn man zwei Mitspieler hat, die das Spiel ernst nehmen, wird Rematch schnell zur spassigen Dauerrotation. Die Matches sind kurz, intensiv und nervenaufreibend und das im allerbesten Sinn.

Optisch macht Rematch keine Riesensprünge, aber es sieht gut aus. Stilisierte Grafik, irgendwo zwischen Comic und Cell-Shading, übersichtlich und funktional. Der Soundtrack passt sich ans Spielgeschehen an und bleibt angenehm im Hintergrund. Es gibt keine akustische Reizüberflutung, aber genug, um Spannung aufzubauen. Die Menüs sind logisch verschachtelt, mit einem klaren Nachteil: Das Training ist umständlich zu bedienen. Nach jeder Übung zurück ins Hauptmenu? Ernsthaft? Apropos Training. Das ist gelungen. Herausfordernd, teils nervig, aber nie unfair. Die Punktewertung sorgt dafür, dass man Ehrgeiz entwickelt. Ein echter Pluspunkt. Wer denkt, er könne direkt mit FIFA-Muskelgedächtnis loslegen, wird schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Und genau hier zeigt sich, dass Rematch mit klassischen Fussballspielen wenig zu tun hat.

Technisch ist Rematch ein bisschen wie ein junger Stürmer mit viel Talent aber eben auch mit Aussetzern. Auf der PS5 läuft das Spiel in 4K bei stabilen 60 FPS, zumindest in den meisten Modi. Die Ladezeiten sind erfreulich kurz. Vom Menü ins Match dauert es selten länger als 10 Sekunden. Auch das Matchmaking geht zügig, sofern man zur Primetime spielt. Technisch wirkt das Spiel auf den ersten Blick sauber, bis es das nicht mehr ist. Besonders im 4v4-Modus traten bei uns Grafikbugs auf. Fehlende Spielfeldmarkierungen, unsichtbare Tore oder ein Ball, der nur laut Menü, aber nicht auf dem Feld existierte. Das ist kein Totalschaden, aber es reisst einen aus dem Spielfluss. Gut, Abstürze oder Freezes hatten wir keine. Trotzdem sollte sich Rematch solche Aussetzer nicht dauerhaft leisten.

Und dann ist da noch das Thema Mitspieler. Wie in Pro Clubs ist das Erlebnis extrem davon abhängig, wen man als Mitspieler erwischt. Solo-Helden, die lieber dribbeln als passen, machen das Spiel kaputt. Mit echten Teamplayern dagegen wächst der Spass enorm. Zwei gute Leute im Team machen den Unterschied zwischen „Warum tu' ich mir das an?“ und „Noch eine Runde, komm schon!“.
Die Anpassungsmöglichkeiten sind zum Start eher Basisware. Ein paar Skins, ein bisschen Firlefanz. Der Shop zeigt aber deutlich, wohin die Reise geht: Mehr Kram gegen Echtgeld. Immerhin, bisher alles nur kosmetisch, also kein Pay-to-Win, eher Pay-to-Style, wenn man das braucht. Und die Langzeitmotivation? Schwierig zu sagen. Das Spiel hat Suchtpotenzial, aber aktuell fehlt eine klare Progression. Es gibt zwar Ränge aber auch skillbasiertes Matchmaking. Belohnungen fürs Dranbleiben? Noch nichts gefunden. Wenn Rematch will, dass Spieler langfristig dabeibleiben, muss hier mehr kommen. Ein durchschaubares System, das Fortschritt sichtbar macht. Aktuell wirkt das noch wie Baustelle.

Wer bei Rematch an Rocket League denkt, liegt nicht völlig falsch – das Chaos, die Geschwindigkeit, das Gefühl von kontrollierter Hektik ist ähnlich. Aber Rematch spielt sich schwerer, technischer, weniger „pick-up-and-play“. Rocket League lebt vom Skill Ceiling, aber die Basics sind schnell verstanden. Rematch dagegen fordert schon beim Pass-Spiel gutes Timing und Orientierung.
Auch der Vergleich zu FIFA (bzw. EA SPORTS FC) hinkt schnell. Es gibt keinen klassischen Fussballrhythmus, keine Standards, kein taktisches Stellungsspiel. Dafür mehr Arena-Flair, mehr direkte Action. Wer EA FC spielt, weil er das Spiel lesen will, wird hier überfordert. Wer FIFA aber zu statisch findet, wird sich bei Rematch deutlich lebendiger fühlen.

Im Vergleich zu Arcade-Spielen wie „Super Buckyball Tournament“ oder „Mario Strikers“ wirkt Rematch ernster, aber auch unfertiger. Es nimmt sich selbst nicht als Spassprodukt, sondern will ein Skill-basiertes, kompetitives Multiplayer-Spiel sein. Das ist ambitioniert und vielleicht gerade deshalb noch ein bisschen wackelig.
Fazit:
Was bleibt am Ende hängen? Rematch will kein FIFA sein. Es will auch nicht Rocket League kopieren. Es ist was Eigenes. Schnell, chaotisch, teamorientiert und etwas kaputt. Nicht alles funktioniert, aber es macht Spass. Und zwar nicht diesen kalkulierten „15 Minuten für zwischendurch“-Spass, sondern den echten, den man mit Freunden teilt, fluchend, lachend, sich gegenseitig anfeuernd. Rematch ist roh, sperrig, manchmal nervig aber auch erfrischend anders. Wer Arcade-Action mag, keine Angst vor einer steilen Lernkurve hat und gerne als Team gewinnt (oder scheitert), sollte reinschauen. Es ist kein Meilenstein, aber ein ziemlich guter Gegenentwurf zum glattgeleckten EA-Einerlei.

Rematch ist als Download für PS5, Xbox Series X|S, PC und im Game Pass erschienen. Wir haben das Spiel auf der PS5 getestet. Das Test-Muster stammt von Kepler Interactive, wofür wir uns herzlich bedanken.
Comments