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(G)Story: Viel Spiel, wenig Game - Schnauze voll von Open World?

Open World Spiele, einst das Nonplusultra! Abgöttisch geliebt und von vielen dringend gefordert scheint es heute fast so, als gäbe es für Single Player nur noch Spiele dieser Art und irgendwie, als würden sich die Grossen der Branche einen regelrechten Wettkampf liefern, wer denn nun die grösste Spielewelt erschaffen kann.


Mittlerweile braucht man schon Hilfen wie interaktive Landkarten, will man alles in einem Open World Spiel entdecken. Dabei ist weniger oft mehr, denn irgendwann ist einfach ein Punkt erreicht, an dem viele von uns schlicht nur noch überfordert und erschlagen sind von dem, was es in offenen Spielewelten heutzutage alles zu erledigen und zu sammeln gibt. Dabei nehmen die Abwechslung, Kreativität und Spannung proportional zur Grösse der Karte stetig ab, ganz zu schweigen von den vielen technischen Problemen, die in dieser Art von Spiel einfach vorprogrammiert sind. Kaum ein neues Open World Spiel kommt noch in fehlerfreiem Zustand auf den Markt. Zumindest ist dieser leidliche Trend in den letzten Jahren auszumachen.


The Crew 2 von Ubisoft gehört mit 4'920 km² zu den grössten Open World Spielen überhaupt

Open World Spiele werden immer komplexer, aufwendiger in der Entwicklung und komplizierter in der Technik. Einen anständigen Blockbuster auf die Beine zu stellen kostet folglich enorm viel Zeit und durchschnittlich in etwa so viel, wie ein ausgewachsener Hollywood Streifen. Darum dauert es auch immer Jahre, bis sie fertiggestellt sind. Die Produktionskosten steigen in Millionenhöhe und natürlich muss die Kohle irgendwie wieder reinkommen. Mit einer Erhöhung der Retail-Preise geht das schlecht. «Games as a Service» ist da ein Trend, auf den ich gerne verzichten kann. Das sind Spiele, die über mehrere Jahre laufen. Die Entwickler erweitern einfach die altbekannte Spielewelt nach und nach um neue Komponenten und Aufgaben, für deren Erstellung viel weniger Aufwand betrieben werden muss, als für ein komplett neues Spiel. Spart natürlich Geld.


Service Games - Updates statt neuer Spiele

Wäre es nicht einfacher und lukrativer, weniger umfangreiche, dafür aber knackigere, spannendere Spiele zu produzieren? Wir müssten so auch nicht jedes Mal 4-5 Jahre auf einen Nachfolger warten ganz abgesehen davon, dass die Produktionskosten exponentiell sinken. Viele würden den Trend zu kürzeren und dafür intensiveren Spielen sicherlich begrüssen, denn welcher Erwachsene hat schon Zeit, sich 50+ Stunden mit einem Spiel zu beschäftigen oder – wie bei Service Games üblich – gar über mehrere Jahre?


Cyberpunk 2077 hatte nicht nur viele Bugs...

«Die Hardcore-Gamer», mag jetzt einer sagen, aber diese Spezies gibt es heute fast nicht mehr und wenn, beschäftigen die sich viel lieber mit Online-Spielen, MMOs oder MP-Shootern. Die Harten von damals haben heute Partner, Familie und/oder Kinder. Die wollen sich nach einem anstrengenden Tag, nachdem die Kleinen endlich im Bett sind, viel lieber in kurzen, aber intensiven Schüben unterhalten lassen. Ob da riesengrosse Open World Schinken mit X Gameplay Mechaniken passend sind, wage ich zu bezweifeln. Wehe man macht hier mal eine Woche Pause, dann hat man doch gleich alles wieder vergessen und weiss nicht mal mehr, wie die verflixte Steuerung funktioniert. Ist man wieder Up-to-Date, ist die begrenzte Spielzeit fast schon rum… so in etwa.


Nicht umsonst feiern je länger je mehr kleinere Indy-Produktionen oder Retro-Spiele ein Comeback. Indy-Games sind dahingehend besonders interessant, da sie meist viel kreativer sind und Mut zu Neuem haben. Letzteres wird bei grossen Open World Spielen schmerzlich vermisst, schliesslich wollen Publisher kein Risiko eingehen. Wenn sich das nächste Multi Millionen Dollar Projekt schlecht verkauft, wäre das eine finanzielle Katastrophe. Da bleibt man lieber bei altbekannten Werten und darum spielen wir auch Jahr für Jahr immer das Gleiche.



Handkehrum mangelt es Indy-Spielen oftmals an der technischen Finesse der grossen Studios. Ich wünschte mir, dass sich die Big-Player im Business wieder mehr um diese Art von Spiel kümmerten. Das war zu Xbox 360 und PS3 Zeiten nämlich der Fall. Spiele, die anhand ihrer Kürze und Würze keine langweilige Minute zu liessen oder gar künstlich gestreckt wirkten, waren zu dieser Zeit viel häufiger anzutreffen. Lustigerweise verkündete EA vor nicht allzu langer Zeit, dass Single Player Spiele tot seien, ruderte dann aber wieder zurück. Warum wohl? Vielleicht, weil Sony mit eben solchen einen Erfolg nach dem anderen feiert?


Die Ubisoft Formel


Es ist nicht erstaunlich, dass es bereits einen abwertenden Begriff für Open World Spiele gibt, die ihre Spielzeit nicht mit packenden Inhalten, sondern mit einer Art «künstlicher Arbeitsbeschaffung» strecken; die sogenannte «Ubisoft-Formel». Treffend, denn die bekannte Spieleschmiede ist ja quasi der Erfinder dieser Art von Spiel und heute Spezialist darin, diese bis zum Exzess mit Icons, unnötigen Aufgaben und Sammelzeugs vollzustopfen. Filler-Material eben.


Marker-Chaos und Arbeitsbeschaffung à la Ubisoft

Schuld an diesem Trend sind aber nicht etwa die Entwickler, sondern wir. Schliesslich sind wir es, die immer grössere Maps und längere Spielzeiten fordern. Dass die Ubisoft-Formel so prima funktioniert, hat mehrere Gründe und kommt nicht von ungefähr, denn schliesslich wohnt einem jeden Menschen ein gewisser Sammler- und Jägerinstinkt inne, und natürlich Neugier. Gepaart mit einem System, dass den Spieler in kurzen und regelmässigen Abständen belohnt, sei es nun mit einem neuen Item, einem Skin, Erfahrungspunkten oder einer Waffe, erzielt einen gewissen Sog-Effekt, dem sich viele nur schwer entziehen können.


Dass wir dabei in eine ausgeklügelte, psychologische Falle tappen, die nur dazu da ist, sich möglichst lange mit einem Spiel zu beschäftigen - und ganz nebenbei auch noch prima für Microtransactions eignet - ist natürlich ganz im Sinne der Publisher. Da geraten Dinge wie gute Geschichten, ideenreiches Gameplay oder ausgereifte Technik eher in den Hintergrund. Heute kann man sich sogar schon Maps mit Echtgeld kaufen, die den Sammelkram auch noch komfortabel auf der Karte anzeigen. Handy-Games haben einen nicht unbeträchtlichen Teil dazu beigetragen, dass diese unschönen Praktiken heute in so vielen, modernen Triple-A Vollpreis Produktionen Einzug halten.


Viel "Spiel", wenig "Game" - da geh ich lieber gleich fischen!

Zur Klarstellung: Ich mag Open World Spiele. Ich bin sogar ein grosser Fan davon! Selbstverständlich haben sie ihre Daseinsberechtigung und sollen auch nicht verschwinden. Ich stelle aber eine gewisse Sättigung bei mir fest und sehne mich aus diesem Grund wieder vermehrt nach etwas mehr Linearität in meinen Games. Kürzere und knackigere Abenteuer, mit packenden Geschichten, toller Inszenierung und weniger Füllmaterial. Spiele, die mich anhand mitreissender Stories, pausenloser Action und ideenreichem Gameplay von Anfang bis Schluss fesseln, ohne dass ich irgendwann das Gefühl kriege, beim Zocken einer Art von Arbeit nachzugehen oder ständig das gleiche zu tun. [sb]


Wir seht ihr das? Lasst doch einen Kommentar hier, mich würde brennend interessieren, wie ihr darüber denkt! Kann alles so bleiben wie es ist, oder würdet ihr kürzere Spiele ebenso begrüssen?

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