The(G)net Review: Amerzone - The Explorer's Legacy
- Rony Liemmukda
- 5. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Rätsel der Vergangenheit. Microids bringt heuer ein Remake des 1999 erschienen Spieles Amerzone auf moderne Plattformen. Es handelt sich um ein First-Person Point-and-Click Adventure, welches massiv grafisch aufbereitet wurde und auch noch andere kleinere Überarbeitungen bereithält.

Wir schlüpfen in die Rolle eines jungen Journalisten, der endlich seinen eigenen Presseausweis erhalten möchte. Welch' glücklicher Zufall, dass seine Kollegin gerade erkrankt ist und jetzt schnellstmöglich irgendwer die drei Seiten ihrer Kolumne übernehmen muss. Seine Editorin hat kurzerhand einen Termin mit dem entfremdeten Professor Alexandre Valembois organisiert. Jener unternahm in den 1930ern eine wissenschaftliche Forschungsreise nach Amerzone, welches in der Nähe Brasiliens liegen soll. Dort begegnete er offenbar allerlei fantastischen Lebewesen, darunter waren auch weisse Vögel, welche ihn in ihren Bann gezogen haben sollen. Während seiner Expedition lebte er dort, auf Grund diverser Umstände, bei einem indigenen Volk und verliebte sich auch in eine hiesige Frau.

Für dieses Volk gehörten diese weissen Vögel zur eigenen Kultur und sie waren auch Teil diverser Riten. Irgendwann aber überkam dem Professor der wissenschaftliche Wahn und er betrog seine Geliebte und ihr Volk und stahl eines der letzten Eier der weissen Vögel. Daheim dem Ruhm verkannt wurde er zum Gespött der Wissenschaft erklärt, woraufhin er sich in seinen Leuchtturm zurückzog. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bekam er dann vom Museum das Ei zurück. Über Wasser hielt er sich mit diversen freiberuflichen Lehrtätigkeiten. Aber die Jahre und sein schlechtes Gewissen zehrten an ihm. Er will nichts mehr als das Ei zurück nach Amerzone zu bringen und für seine Schuld sühnen.

Wir schreiben 1998 und sind endlich in der Nähe des Leuchtturms angekommen. Voller Elan laufen wir über die Landschaft, den Leuchtturm im Blick. Wir werden nicht an der Tür begrüsst, sollen uns selbst hereinlassen. Wir steigen die Treppe empor und sehen auch schon den Professor an seinem Schreibtisch sitzen, welcher uns ungeduldig herbeiwinkt. „Amerzone! Amerzone!“ keucht er. Das Ei, es sei noch immer am Leben, erzählt er uns. Er wolle es zurück nach Amerzone bringen. Alles sei bis ins kleineste Detail vorbereitet, aber er habe keine Kraft mehr. Wir sollen das nun für ihn übernehmen. Alles, was wir dafür benötigen, befände sich hier im Leuchtturm. Wir sollen unbedingt gehen, bittet er uns noch. Dann verstirbt der gute Professor.

Wir durchsuchen den Leuchtturm in klassischer Point’n’Click-Manier. Im Gegensatz zu den 2D-Point’n’Click-Spielen haben wir hier eine echte Ego-Perspektive. Es gibt diverse Positionierungspunkte von denen aus wir schauen, womit wir interagieren können. Diverse Sequenzen können wir per Doppelklick oder mit gehaltener linker Maustaste überspringen. Sollten wir etwas nicht gleich sehen, oder generell von fauler Natur sein, so drücken wir die ALT-Taste und sehen, womit wir interagieren können.

Sollten wir unter irgendeinem Aufmerksamkeitsdefizit leiden, können wir auch den „Casual Player“-Modus aktiveren und bekommen so gut wie alles vorgekaut. Spieler, die was auf sich halten, spielen natürlich im Abenteurer-Modus. Für einen gescheiten Journalisten gehört es sich natürlich auch ein Notizbuch mitzuführen. Hier werden all unsere Entdeckungen und aktuellen Aufgaben festgehalten. Aber Vorsicht! Wer auf das blöde dicke Fragezeichen drückt, bekommt die Lösung des aktuellen Rätsels sofort angezeigt. Davor hätten sie echt warnen können!

Das Spiel ist in mehrere Kapitel unterteilt, welche die verschiedenen Stationen der einstigen Forschungsreise des Professors widerspiegeln. Es gibt Pflicht- und Küraufgaben zu erfüllen bevor wir ins nächste Kapitel gelassen werden. Die Küraufgaben sind diverse Informationsschnipsel zu allerlei Themen, welche hier und da, teils kapitelübergreifend, verstreut sind. Sie komplettieren die Story mit weiteren Nebeninformationen.
Fazit:
Grafisch hat sich Microids wirklich wieder absolute Mühe gegeben, wie bereits bei ihrem letzten Spiel‚ Empire of the Ants. Während ich bei Kathy Rain noch von einem interaktiven Hörspiel sprach, sind wir hier definitiv auf dem Niveau eines interaktiven Spielfilms. Dazu gesellt sich ein absolut hörenswerter Soundtrack, der hin und wieder über die Hintergrundgeräusche eingespielt wird. Ich habe natürlich im anspruchsvolleren Abenteurer-Modus gespielt. Die Rätsel an sich sind logisch nachvollziehbar und durchaus in einer moderaten Zeit lösbar. Ich habe auch versucht alle Kürelemente zu finden und es ist mir auch fast gelungen, woraus sich bei mir eine Spielzeit von knapp 12 Stunden ergeben hat. Natürlich kann man auch durchrauschen, aber wer hier mit so einer Mentalität ran geht, der sollte lieber Gacha-Spiele auf dem Mobiltelefon spielen. Ich mochte auch die Story von Amerzone, den Mix aus Fantasy und Science-Fiction. Dazu gesellt sich noch ein kleines bisschen politisches Drama. Einen kleinen stichpunktartigen Vergleich mittels Longplays zum Original habe ich mir auch gezogen: Einige Rätsel wurden überarbeitet oder leicht abgeändert und die Küraufgaben gab es scheinbar damals noch nicht oder wurden aus den Longplays entfernt. Amerzone - The Explorer's Legacy ist eine liebevoll modernisierte Neuauflage von Benoît Sokals Adventure-Klassiker. Wer Abenteuerspiele mit einer netten Geschichte mag, der macht hier sicherlich nichts falsch und ich würde wagen zu behaupten, dass Spieler, die das Original kennen und lieben, ebenfalls nicht enttäuscht werden.

Amerzone - The Explorer's Legacy ist für PC, PS5, Xbox Series X|S, iOS und Android erschienen. Wir haben das Spiel auf dem PC getestet. Das Test-Muster stammt von Microids, wofür wir uns herzlich bedanken!
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