1987, Paul Verhoeven bringt RoboCop in die Kinos. 2023, Teyon lanciert eine Videospiel Umsetzung des Sci-Fi Klassikers. Mehr als 30 Jahre später lassen uns die Polen in die Haut von Cyborg Murphy schlüpfen und gegen die Nuke-Distribution vorgehen.
Der Film RoboCop wurde für den Kino-Release in den 80ern deutlich geschnitten, zu gnadenlos brutal waren einige Szenen von Verhoeven. Erst später durften sich Film-Fans mit dem Directors Cut die vom Holländer ursprünglich angedachte Version des Action-Spektakels zuhause auf LaserDisc ansehen. Diese Brutalität wurde von den Polen gelungen in Rogue City übernommen. Es warten aber nicht nur viele platzende Köpfe und abgetrennte Gliedmassen. RoboCop Rogue City hat viel mehr zu bieten, als die Prämisse und deren letzter Titel Terminator: Resistance vermuten lassen.
Der Einstieg in die neueste RoboCop Versoftung wirft den Spieler direkt ins Getümmel. Die Droge „Nuke“ ist nach wie vor das grösste Problem im dystopischen Detroit der nahen Zukunft. Ein paar Verrückte bieten sich via nicht ganz legaler TV-Einschaltung dem sogenannten „New Guy“ an, um gutes Business zusammen machen zu wollen. Da die Nuke-Freunde dafür das Fernsehstudio gewaltsam übernahmen, gibt es Arbeit für RoboCop. Die Ein-Mann-Armee benötigt keine Verstärkung und macht sich sofort an die alltägliche Polizei-Arbeit.
Unzähligen Fieslingen machen wir mittels ikonischer Auto-9 den Gar aus. Die wuchtige Wumme fühlt sich fantastisch an. Obwohl Murphy im Verlauf des Spiels immer wieder rumliegende Waffen aufnehmen darf, bleiben wir deswegen meist bei der im Oberschenkel verstauten Pistole. Daneben nutzt RoboCop das Interieur um sich der Gegnerhorden zu entledigen. Explodierende Container sind auch hier ziemlich effektiv. Zudem werfen wir Inventar Stühle, Monitore und gern auch mal ein Motorrad auf die Unterwelt Detroits; oder nutzen gleich die Kontrahenten selbst als Wurfgeschoss. Der Cyborg steuert sich dabei wie man das eben von einem Roboter mit menschlichem Gemüt erwarten mag. Eher gemächlich aber stets mit einem Gefühl der Überlegenheit stolziert RoboCop stilsicher durch die Strassen Detroits, immer untermalt mit dem typisch mechanischen Geh-Geräusch der Maschine.
Der Fan-Service, den Teyon ins Spiel gepackt hat, ist durchaus beeindruckend. Fans werden viele Anspielungen, Locations und Personen des Films wieder erkennen. Seien es Charaktere wie Partnerin Lewis, das Design der Polizeistation oder gar der SUX 6000, eine Nobelkarosse, die wir nur aus dem Film-Klassiker kennen. RoboCop Rogue City lässt uns den Film hautnah miterleben. Dass Teyon sogar Peter Weller als Sprecher für das Spiel gewinnen konnte, ist ein willkommener Bonus. Die Story lehnt sich derweil ebenso stark an die Film-Vorlage an. Hier hätte sich Teyon etwas weiter aus dem Fenster lehnen dürfen.
Wer jetzt denkt, RoboCop Rogue City sei ein stumpfer Egoshooter, der irrt sich gewaltig. Die spassige und zuweilen äusserst brutale Schiessbuden-Action wird immer wieder mit abwechslungsreicher Polizei-Arbeit aufgelockert. So vergibt RoboCop Knöllchen, nutzt den Scanner um Beweismaterial aufzuspüren, klärt einen Mordfall auf oder findet gestohlene Autos. Meist bleibt die Knarre auch hier nicht gänzlich unbenutzt, die überall verteilten Nebenmissionen machen das Spiel aber viel interessanter als im Vorfeld erwartet. Zudem holt sich RoboCop fleissig Erfahrungspunkte durch das abschliessen von Side-Tasks oder das Aufspüren von Beweismaterial. Diese stecken wir jederzeit in seine Attribute und machen ihn damit noch widerstandsfähiger oder verleihen ihm weitere hilfreiche Fähigkeiten wie einen Schild oder einen Dash-Move. Zudem findet man in den Levels versteckte Circuit-Boards, mit denen sich die Auto-9 auf verschiedenste Arten auf- und umrüsten lässt.
Fazit Andy:
Schnell merkt man dem Spiel an, dass es sich nicht um ein AAA-Produkt handelt. Die Kanten wirken etwas ungeschliffen, was insbesondere bei Gesichtern in Nahaufnahmen auffällt. Der unverkennbare RoboCop-Vibe wurde mit den verfügbaren Mitteln aber hervorragend eingefangen und verschafft Fans des Titels die bislang beste spielbare Version von RoboCop seit dem Data East Automaten. Die brachialen Action-Sequenzen, gepaart mit humorvollen Nebenaufgaben, schaffen einen insgesamt gelungenen Spielfluss, den auch nicht-Kenner der Filmvorlage schätzen werden. Für Fans von Verhoevens Science-Fiction Meisterwerk ist das hier sowieso ein Pflichtkauf.
Fazit Sascha:
Erst Terminator, dann Aliens und jetzt auch RoboCop! Ich kann kaum glauben, dass so viele Jahre später einiger meiner liebsten SciFi Filme neues Leben eingehaucht wird. RoboCop Rogue City ist dabei ein ganzes Stück besser als die Versoftung von James Cameron's Endzeit Dystopie aus dem gleichen Hause. Überraschenderweise wird in RoboCop nicht nur geballert. Es gibt auch viele ruhige Momente, die wir mit Gesprächen und Detektivarbeit verbringen und wir tauchen auch immer wieder in die Psyche von Murphy ein, der seinen brutalen Tod und die Wiedergeburt als Mensch-Maschine noch nicht so richtig verkraftet hat. Das ist Fan-Service vom Allerfeinsten! Dass Teyon dabei nicht die Qualität der grossen Game-Studios hinbekommt kann ich ihnen verzeihen, denn man sieht in jeder Sekunde, dass sie die Materie verstehen und mit viel Herzblut dabei waren. Andy hat meiner Meinung nach bereits alles erwähnt. Ich möchte aber hier kurz noch die für mich negativen Aspekte anschneiden: Der Auto-9, eine der ikonischsten Filmwaffen überhaupt, fehlt der typische Sound und Muzzle-Flash und wenn die Knarre im Oberschenkel verschwindet, fehlt der coole Sound-Effekt. HDR unterstützt das Spiel leider nicht, obwohl es auf der Packung steht (Bug?). Schmerzlich vermissen tu' ich ein New Game+, denn das Spiel wird zunehmend besser, wenn man die vielen Upgrades im Skill-Tree freischaltet und diese Upgrades lassen sich während eines Durchgangs leider nicht alle freischalten. Abgsehen davon bin ich als Fan der Vorlage von RoboCop Rogue City begeistert, denn es ist klar das beste RoboCop Spiel, dass wir je bekommen haben. So hab ich die rund 15 Stunden mit dem symphatischen Blechkameraden auf jeden Fall genossen.
RoboCop Rogue City ist für Xbox Series X|S, PC und PlayStation 5 erschienen. Wir haben die Xbox Series X Version gespielt. Das Test-Muster stammt von Teyon, wofür wir uns herzlich bedanken!
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