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The(G)net Review: The Callisto Protocol

Kein anderes Game wurde 2022 mit so vielen Vorschusslorbeeren überschüttet wie Strinking Distance' SciFi Horror-Mix. Kann der geistige Nachfolger von Dead Space den hohen Erwartungen gerecht werden?


The Callisto Protocol Test Review Testbericht PS5

Ein Unglück kommt selten alleine. Nach einem rasanten Fluchtversuch crasht Jacob Lee mit seinem Frachter kurz nach dem Start ab. Sein Co-Pilot segnet beim Absturz das Zeitliche, Jacob überlebt leicht verletzt. Als kurz darauf eine Militärpatrouille auftaucht, wir er trotz Unschuldsbeteuerung verhaftet und umgehend in das Hochsicherheitsgefängnis Black Iron verfrachtet. Aber es kommt noch dicker. Kaum in der miefigen Zelle angekommen, wo ihm noch schnell ein Implantat in den Hinterkopf gepflanzt wird, bricht in der Vollzugsanstalt die Hölle aus. Mitinsassen rennen panisch durch die Gegend, überall lodern Feuer und zombieartige Kreaturen machen Jagd auf die fliehenden Knastinsassen. Chaos pur!


The Callisto Protocol Test Review Testbericht Xbox

Als Jacob nach der Implantat-Operation wieder zu Sinnen kommt, ist er alleine und die Zellentür unverschlossen. Unser waffenloser Held untersucht vorsichtig die Umgebung und wird auf Hilferufe aus einer Zelle im unteren Stockwerk aufmerksam. Hinter einer verschlossenen Gittertür trifft er auf den Mithäftling Elias Porter. Als erste Freundesgeste überreicht der uns einen Shiv, ein selbstgebasteltes Messer, mit dem wir Sicherheitsmechanismen der Gefängnisschleusen sabotieren bwz. öffnen oder unfreundlichen Angreifern eine Lektion im Nahkampf erteilen. Als Gegenleistung für das willkommende Geschenk befreien wir Elias, der uns ab diesem Zeitpunkt als hilfreicher NPC zur Seite steht.


The Callisto Protocol Test Review Testbericht PC

Kaum haben wir die ersten paar Minuten in Freiheit genossen, werden wir von groteskem Gesindel angegriffen. Damit wir nicht von den fiesen Mutanten niedergehauen werden, weichen wir mit dem Analogstick nach recht, links oder hinten aus, ähnlich wie beim Martial Arts Kracher Sifu, und kontern danach mit einer Serie an satten Hieben per Schulterraste mit unserem Shiv. Hat uns ein Gegner nicht entdeckt, schleichen wir uns von hinten an und murksen ihn so lautlos ab. Das selfmade Messer wird kurz darauf kaum mehr als Waffe genutzt, da dieses von einem schlagkräftigeren Stun Baton ersetzt wird, der dank Elektroschocks Kontrahenten auch mal kurzzeitig paralysiert. In eine komplett andere Richtung geht der GRP. Dieser spezielle Telekinese-Handschuh lässt kleine Objekte schweben und als Projektile verwenden. Wir können aber auch Gegner an uns heranziehen oder sie mit einem beherzten Schubser in einen Abgrund oder in einen Ventilator schmeissen.


The Callisto Protocol Test

Später im Spiel finden wir auch die eine oder andere Schusswaffe. Den Anfang macht eine Standard 9mm, die nach ein paar Headshots kurzen Prozess mit dem Zombiegesindel macht. In späteren Kaptiteln werden dann noch Schrotflinte, Stinkbombenknarre, Taktikpistole und Maschinengewehr nachgeschoben. Die ganzen Wummen gibt es aber nicht umsonst. Zuerst müssen wir die korrekte 3D-Printer-Disc finden, um diese anschliessend in den grosszügig verteilten Reforge Stations gegen Hartgeld drucken zu lassen. Die Reforge Station ist eine Art Multifunktionskiosk. Neben dem Waffenprinten können wir das hart erarbeitete Restgeld auch gegen Upgrades eintauschen. Die ersten Space Taler investieren wir in den harten Schlag, denn in der Grundausstattung verfügt Jacob nur über eine leichte Angriffskombo. Wir pimpen unsere Schusswaffe mit grösseren Magazinen und Magnum-Ammo, verstärken die Reichweite des GRPs, decken uns mit Extrapatronen ein oder verhökern unnötige Items.


The Callisto Protocol News Screenshots

Haben wir die Schlagstock-Knarrenkombo endlich im Inventar, bekommen wir auch die effizienteste Methode, die Schurken aus den Socken zu hauen. Zuerst verteilen wir ein paar harte Schwinger, sobald die gesessen haben, poppt für einen kurzen Moment ein blaues Zielicon auf und wir verpassen dem schmierigen Typen einen vernichtenden Headshot. Dies ist vor allem in späteren Levels überlebenswichtig, denn die Space-Zombies mutieren gerne auch einmal in eine stärkere Form, die einiges mehr aushält. Haben wir uns besonders gut angestellt, wird ein kurzer Finisher eingespielt, der locker das Brutalitätslevel eines Mortal Kombat aufrecht hält. Umgekehrt ist es dasselbe. In sadistischer Manier werdet ihr wahlweise geköpft, aufgespiesst, zerteilt, zerfetzt oder auf eine andere grafisch sehr detaillierte Art um die Ecke gebracht.


The Callisto Protocol Gameplay

Haben wir einen Gegner erledigt rät uns das Game, die leblosen Körper der Feinde mit einem kräftigen Stampfer zu verabschieden, denn ansonsten lassen sich die Items wie Credits, Patronen für Waffen oder Heilbooster nicht von den toten Fieslingen rausquetschen. Alternativ finden wir in Metalltruhen oder in Mitarbeiterkabinen weiteren nützlichen Loot. Wie es sich für ein Survival Horror Game gehört, ist die Munition rar und jeder vergebene Treffer schmerzt. Zudem ist in der ersten Hälfte des zehnstündigen Horrorabenteuers unser Inventar auf nur 6 Itemslots begrenzt, verdoppelt sich aber sobald wir einen schicken Raumanzug gefunden haben.


Jacobs Reise führt ihn durch den gesamten Gefängniskomplex, inklusive der ekligen Kanalisation und verschneitem Aussenbezirk, bis nach 8 Kapiteln der finale Boss den Weg zu den Credits versperrt. Entwickler Striking Distance ist aber noch lange nicht fertig mit The Callisto Protocol. Im Februar 2023 kommt ein NG+ und der Hardcoremodus für umsonst, während die Zusätze vom Season Pass wie neue Skins, Todesanimationen und ein neuer Story-DLC nur gegen Echtgeld verfügbar sind.


The Callisto Protocol Quality Mode

Fazit Armin:

Vom Hype des Jahres zur grössten Enttäuschung 2022! Den ersten Dämpfer hatte ich schon bevor ich Callisto Protocol das erste Mal anrührte. Der Review Code lief nicht und so musste ich, da der Code am Freitagnachmittag kam, bis Montag Abend warten, bis ich mich mit Jacob ins Gefecht stürzen konnte. Doch die Euphorie hielt nicht lange. Beeindruckt von der Atmosphäre und der grandiosen Grafik samt ihren Details, merkte ich nach den ersten Prügeleien bereits wo der Schuh drückt. Eine Schlagvariante und das arg limitierte Bewegungsmuster liessen nichts Gutes erahnen. Die ersten paar Miesepeter gingen noch flott von der Hand, als aber das erste Mal mehrere Gegner auf mich einschlugen, war das Chaos perfekt. Statt kontrolliert zu kämpfen endete das ganze in wildem Buttonmashing und hektischer Analogstickdefensive. Ich kann die Gegner nicht direkt anvisieren, da automatisch der nahestendste Gegner gewählt wird. Meistens geht die Sache zugunsten der K.I. aus, da nur ein paar Treffer reichen bis zum Game Over. Während die schwerfälligen Kämpfe wenigstens ein wenig Action in die ansonsten stille Umgebung bringen, sieht es beim Leveldesign noch tragischer aus. Gefühlt 50% des Spiels laufe ich durch Schleusen, erklimme eine Leiter oder zwänge mich durch enge Spalten oder Lüftungsschächte - und es passiert... nichts. Besonders die engen Passagen sind so zahlreich, dass man sich nicht fragt, ob noch eine kommt, sondern wann. Hinzu kommt, dass die Levels sehr öde ausgelegt sind und stets dem gleichen Muster folgen; ein unkreatives Schlauchlevel nach dem anderen. Und wie sieht es im Monsterdepartement aus? Hier schiesst Striking Distance den Vogel ab. Die normalen Feinde und deren Mutationen sind frech aus Capcoms Horrorserie und Last of Us zusammengeklaut. Eine Handvoll wiederkehrende Standardheinis, ein Minichef und zwei grössere Bosse sind alles was geboten wird, aber es kommt noch besser. Einer der Endgegner taucht insgesamt viermal auf, mit dem stets gleichen langweiligen Ablauf. Kreativität nahe dem Nullpunkt. So nicht! Ich bin froh, dass ich das Debakel hinter mir habe und mit dem baldingen Dead Space- und/oder Resident Evil 4-Remake neue Hoffnungen für das Genre schöpfen kann.




Fazit Sascha:

Im ersten Drittel war ich noch euphorisch, was vor allem der zum schneiden dichten Atmosphäre, der absolut geilen Grafik und den (schön) brutalen Kämpfen geschuldet war. Die Tragödie ist, dass all diese Vorzüge und technischen Meisterleistungen von fragwürdigen Gameplay-Entscheidungen torpediert werden, die spätestens in der zweiten Hälfte dem Spiel den Wind aus den Segeln nimmt. Einfallsloses Level-Design, repetitive Kämpfe mit arg limitiertem Bewegungsrepertoire gegen die immer gleichen Gegner, ein zum grossen Teil unnötiges (und kleines) Waffenarsenal, das frustrierende Speicher-/Checkpoint-System und erstaunlich unspektakuläre (und nur sehr wenige) Bosskämpfe. Überhaupt blieb mir nur wenig des Abenteuers in Erinnerung, ganz im Gegensatz zu Dead Space, das ich heute noch feiere. Und als wäre das alles nicht enttäuschend genug, wirkt auch das Ende hingeschludert und befriedigt kaum. Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier etwas fehlt (was wir eventuell im kommenden DLC zu Gesicht bekommen?). Trotzdem; The Callisto Protocol ist für Space-Horror Fans - und ich zähle mich persönlich dazu - sicherlich ein kompetenter Vertreter, aber dann wiederum auch nur eine ziemlich lieblose "Dead Space Kopie", von dessen Schöpfer ich einfach viel mehr erwartet hätte.



Wir haben The Callisto Protocol auf PS5 und Xbox Series X gespielt. Das Spiel ist auch für PS4, Xbox One, Series S und PC erhältlich. Das Test-Muster stammt von Krafton Inc., wofür wir uns herzlich bedanken!



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