The(G)net Review: The Outer Worlds 2
- Sascha Böhme

- 27. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Sechs Jahre nach dem Überraschungshit The Outer Worlds kehrt Obsidian Entertainment zurück mit einem Sequel, das weniger als Revolution, sondern vielmehr als präzise Weiterentwicklung eingestuft werden kann. Wenn es eines zeigt dann, dass man das Sci-Fi-RPG-Genre auch 2025 noch mit Cleverness, Charme und ordentlich Sarkasmus aufmischen kann.

Der Einstieg legt die Messlatte gleich höher: Der Charaktereditor wurde komplett überarbeitet, sieht besser aus und bietet deutlich mehr Freiheiten. Neu sind etwa Prothesenoptionen und ein erweitertes Spektrum an kosmetischen Details, von Tattoos bis Piercings. Richtig spannend wird es aber bei den Hintergrundgeschichten: Ob Ex-Sträfling, Professor, Gesetzeshüter oder Glücksspieler, eure Wahl beeinflusst Dialoge, Fraktionen und sogar Questverläufe spürbar. Das erinnert an Starfield, ist hier aber deutlich pointierter umgesetzt.

Die Story spielt im Arcadia-System, einem neuen Sternensystem voller Konflikte, Korruption und Kapitalismus. Ihr werdet als Agent des Erd-Direktorats entsandt, um mysteriöse Risse im Raum-Zeit-Gefüge zu untersuchen und landet prompt mitten in einem galaktischen Machtkampf. Das Protektorat, eine totalitäre Ordnungsmacht, will Stabilität um jeden Preis. Auntie’s Choice, ein Mega-Konzern, denkt nur an Profit. Und der geheimnisvolle Orden der Aszendenz glaubt an die „Universelle Gleichung“, ein mathematisch-spiritueller Versuch, das Universum zu verstehen. Drei Fraktionen, drei Weltbilder, unzählige Wege, sich bei allen unbeliebt zu machen.

Auch das Eigenschaftensystem wurde ausgebaut. So werdet ihr jetzt sowohl von positiven als auch negativen Charakterzügen beeinflusst. Wer also gerne flink und charmant ist, muss vielleicht mit Aggressionsproblemen oder sozialem Ungeschick leben. Diese Entscheidungen wirken sich auf Gespräche, Fraktionsbeziehungen und den allgemeinen Spielverlauf aus und verleihen der Charakterentwicklung mehr Tiefe als im Vorgänger.

Obsidian bleibt sich treu und verpackt das Ganze in messerscharfe Gesellschaftssatire. Zwischen korrupten Bürokraten, selbstverliebten Wissenschaftlern und religiösen Spinnern serviert das Spiel eine ordentliche Portion schwarzen Humor, inklusive Dialoge, die mal zum Lachen, mal zum Nachdenken anregen. Besonders stark: die Nebencharaktere. Egal ob die übermotivierte Ingenieurin Delphina Bryant, die euch wie ein Haustier behandelt, oder der naive Idealist Hogarth, der trotz bröckelnder Gemeinschaft an das Gute glaubt, jede Figur hat Persönlichkeit und Witz und wird euch im Laufe der Zeit ans Herz wachsen.

Spielerisch bleibt The Outer Worlds 2 ein klassisches Action-RPG, legt aber in fast jeder Disziplin zu. Die Schusswechsel sind spürbar dynamischer, Waffen haben mehr Wucht, und dank der optionalen Third-Person-Ansicht lässt sich das Chaos besser überblicken. Wer keine Egoshooter mag, kann hier also trotzdem zugreifen. Besonders gelungen: die grosse Vielfalt an Waffentypen, von Blitzgewehren über Projektilkanonen bis zu absurden Experimentierwaffen, die perfekt zum Ton des Spiels passen. Das Ressourcen-Management und das Jonglieren der vielen Items im Inventar wird dabei oft zur Geduldsprobe, was in diesem Genre aber einfach dazugehört.

Auch das Missionsdesign glänzt. Jede Aufgabe lässt sich auf verschiedene Weisen lösen, entweder durch Diplomatie, Hacking, Schleichen oder einfach purem Wahnsinn. Ihr könnt euch durch feindliche Basen ballern oder euch mit cleverem Smalltalk an die Spitze der Nahrungskette plaudern. Die Freiheit ist gross, die Konsequenzen spürbar. Lediglich das Stealth-System wirkt noch etwas unausgereift. Gegner sind stellenweise zu vergesslich und lassen Logiklücken offen.

In The Outer Worlds 2 spielen eure Begleiter eine grössere Rolle als je zuvor. Sie reagieren glaubwürdig auf eure Entscheidungen, merken sich Dinge, geben im Kampf hilfreiche Hinweise und mischen mit ihren Spezialfähigkeiten ordentlich mit. Jeder hat eigene Ausrüstung und einen eigenen Skill Tree und ihr entscheidet, wen ihr auf eure Missionen mitnehmt. Was weiterhin fehlt, sind Romanzen. Laut Obsidian war das eine bewusste Entscheidung, um den Fokus auf die Story und Interaktionen zu legen. Kann man akzeptieren, trotzdem etwas schade.

Optisch macht The Outer Worlds 2 einen deutlichen Sprung: Grössere, detailliertere Welten, bessere Lichtstimmung, flüssigere Animationen. Kein Grafik-Showcase, aber stilistisch absolut stark, liegt es irgendwo zwischen BioShock, Mass Effect und Fallout. Das Spiel profitiert sichtlich davon, dass Obsidian die alten Systeme wie PS4 und Xbox One nicht mehr berücksichtigen musste.
Wer nur der Haupt-Quest folgt, darf mit etwa 25 Stunden Spielzeit rechnen. Wer sich gerne auch mal auf Neben-Missionen einlässt, wovon die meisten glatt als Haupt-Quests durchgehen könnten, kommt locker auf über 50 Stunden.
Fazit:
The Outer Worlds 2 ist kein radikaler Neuanfang, sondern ein verfeinertes Sequel, das alles besser macht, was Fans am Vorgänger liebten. Mehr Entscheidungsfreiheit, mehr Charaktertiefe, mehr Humor und ein satteres Kampfsystem. Kleinere Schwächen im Schleichen und bei der KI fallen da kaum ins Gewicht. Etwas schwerer wiegt höchstens, dass man sich gerne verlevelt, da die Fertigkeiten im Skill Tree nicht zurückgesetzt werden können. Dennoch; wer schon Spiele wie Fallout: New Vegas oder den ersten Teil mochte, wird sich hier wie zuhause fühlen. The Outer Worlds 2 ist in jeder Hinsicht ein würdiger Nachfolger – frech, clever und verdammt unterhaltsam.

The Outer Worlds 2 ist für PC, PS5, Xbox Series und im Game Pass erschienen. Wir haben uns das Spiel auf der PS5 Pro und Xbox Series X angesehen. Das Test-Muster stammt von Microsoft, wofür wir uns herzlich bedanken!











Kommentare