Diebe mag niemand, besonders nicht die Bestohlenen. Wenn man aber aus rechtschaffenen Motiven à la Robin Hood die Finger in fremde Taschen steckt, kann man schon mal ein Auge zudrücken, oder?

Ebizo hat es nicht leicht. Eigentlich wollte er seine Diebeskarriere an den Nagel hängen und einem geregelten Leben nachgehen. Als aber Suzuna, eine enge Freundin unseres Helden, schwer erkrankt und die Kosten für weitere Medizin in schwindelerregende Höhe steigt, bleibt Ebizo keine andere Wahl. Denn die Zeit drängt. Frische Devisen müssen her, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Mit seinem Diebesbeutel auf dem Rücken durchstreift der Langfinger das altjapanische Städtchen Mikado und steckt alles in den Sack, was nicht niet- und nagelfest ist. Ebizo klaut Statuen, Kissen, Teppiche, Gemälde oder leert die Taschen ahnungsloser Bürger. Egal was, solange er die Hehlerware in Bares umwandeln kann. Immer auf der Hut vor übermotivierten Ordnungshütern beherrscht Ebizo einiges an speziellen Fähigkeiten, um unentdeckt an die begehrte Ware zu kommen. Der junge Dieb schleicht sich wie Solid Snake lautlos an den Wachen vorbei, versteckt sich hinter Säulen oder verkleidet sich, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Am effektivsten ist aber der Just Stealth-Skill. Wie ein Zirkusakrobat schlägt unsere Held das Rad, wird kurzzeitig unsichtbar, sammelt Style-Points und lässt uns mit einem Specialmove ungestraft alles Zusammenklauen, was in der unmittelbaren Umgebung rumsteht.

Werden wir beim Stehlen entdeckt, wird die lokale Polizei alarmiert und wir müssen entweder flüchten oder schicken unsere Gegner mit ein paar Tritten und Schlägen ins Land der Träume. Mit fortlaufender Diebestour wird unser Beutel voller und voller. Ab einer gewissen Grösse fällt der Sack auf und bei geringstem Blickkontakt mit einem NPC geht der Alarm wieder los.
Wir haben jedoch zwei Möglichkeiten das Diebesgut loszuwerden. Als angehender Profidieb darf Ebizo auf die Hilfe seiner alten Kumpels von der Silver Raven-Gilde zählen. Im Badehaus, welches als Kleptomanenzentrale dient, kriegen wir von zahlreichen NPCs tatkräftige Unterstützung. Beim Trader wechseln wir das Diebesgut in Goldmünzen, damit wir die Kohle dem Informanten für neue Diebestouren bzw. Missionen in den Rachen werfen können. The Boss, die Chefin des Diebesclans, nimmt gerne Spenden an und ab einem gewissen Betrag gibt's Zugang zum erweiterten Warensortiment beim lokalen Händler. Der fleissige Dealer verkauft uns neben Nahrungsmitteln und grösseren Beuteln auch anderen hilfreichen Krams.

Wollen wir unseren Ansehen in Mikado steigern, verschenken wir das Geklaute an den ärmeren Teil der Bevölkerung. Als Dank geniessen wir einen besserern Ruf, werden nicht gleich als Dieb verpfiffen und kriegen gelegentlich das eine oder andere nützliche Item geschenkt.
So aufregend die Klepto-Tour ist, man sollte immer den Timer im Auge behalten. Wird Suzuna nicht rechtzeitig mit Medizin und Esswaren versorgt, klappt die fragile Dame komplett zusammen und es geht ohne Umwege zu den Credits. Das gleiche passiert, falls ihr es zu bunt mit der Gendarmerie getrieben habt. Entweder landet ihr im besten Falle im Knast, wo ihr entweder ausbrechen und das gestohlene Gut bei erfolgreicher Flucht behalten könnt, oder ihr sitzt die Strafe ab, worauf die Zeit um 24 Stunden nach vorne gepuhlt wird und ihr mit leeren Taschen entlassen werdet. Ist euer Fahndungslevel zu hoch, kommt es vor, dass die Herren von der Polizei euch bis zu Suzuna's Haus verfolgen. Werdet ihr da geschnappt, ist ebenfalls Game Over.

Die Missionen beschränken sich in Kamiwaza entweder darauf, irgendeinen wertvollen Gegenstand zu stibitzen und möglichst unbeschadet und unerkannt ins Badehaus zurückzukehren. Oder wir erlernen verschiedene Stufen des Schlösserknackens, damit wir spätere Levelteile freischalten können. Haben wir genug von den bereits oben erwähnten Stylepoints beisammen, dürfen wir die Punkte beim NPC Pops, einem wortkargen Ninja, gegen neue Skills und Fähigkeiten eintauschen.
Fazit:
Wer sich noch an die ersten beiden Tenchu-Games erinnert, fühlt sich bei Kamiwaza direkt zurück in die Vergangenheit teleportiert. Kein Wunder, denn sowohl Kamiwaza, wie auch die legendäre Ninja Stealth Serie, stammen aus dem Hause Aquire. Während Tenchu internationale Erfolge feierte, blieb Kamiwaza als Japan only-Release nur einer kleinen Zielgruppe vorbehalten. Warum wir nach 16 Jahren eine lokalisierte und leicht aufgefrischte Version bekommen, frage ich mich heute noch. Die erste Stunde war lustig, hat man aber alle Mechaniken mal durch und das dünne Spielprinzip durchschaut, schleicht sich die Monotonie schneller ein, als erwartet. Einer der Gründe ist die extrem schlechte Erklärung der einzelnen Skills. Viele Bestandteile des Gameplays bleiben im Dunkeln. Die Missionen sind meist simple Fetchquests, die sich öfters wiederholen und das ständige hin und her zwischen Badehaus-Hub und Missionsziel langweilt mit seiner klobigen PS2-Grafik und der antiken Steuerung. Die grossspurig angekündigte Schnellreise entpuppt sich als Krüppel, da ich nur zwischen dem Badehaus und Suzuna's Heim hin und her reisen darf. Stealth ist ja schön und gut. Wenn es aber einfacher ist, durchs Level zu rennen, als sich Sam Fischer like durchzuschleichen, würde ich das Gameplay nochmals überdenken. Man hatte ja schliesslich mehr als 15 Jahre Zeit, die Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Ebizo's Diebestour mag einige originelle Ideen vorweisen, aber als Endprodukt ist es für 2022 viel zu wenig. So grenzen die geforderten 40.- Franken für das Spiel beinahe an Diebstahl. Kamiwaza kann mir folglich gestohlen bleiben.

Kamiwaza: Way of the Thief ist für Playstation 4/5, PC und Nintendo Switch erhältlich. Wir haben die Playstation 4 Version auf einer PS5 getestet. Das Test-Muster stammt von NIS America, wofür wir uns herzlich bedanken!

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