The(G)net Review: Shinobi: Art of Vengeance
- Sascha Böhme

- 29. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Sept.
Wer mit den alten Shinobi-Spielen gross geworden ist, egal ob am Arcade-Automaten oder am Mega Drive, darf sich freuen. Die Macher von Streets of Rage 4 übertragen die Shinobi-DNA erfolgreich in die Moderne.

Damals war’s noch pures Muskelgedächtnis: drei Treffer, Game Over, Insert Coin. Musashi schlich durch 8-Bit-Kulissen, warf Shuriken und rettete Geiseln. Heute fühlt sich das neue Shinobi fast wie die Hochglanz-Remaster-Version dieser Kindheitserinnerungen an: dieselbe Gnadenlosigkeit im Kern, aber verpackt in ein Kampfsystem, das moderner, flüssiger und weitaus befriedigender ist. Und mit ebenso erinnerungswürdigen Boss-Fights.

Shinobi: Art of Vengeance ist das Gefühl, mitten in einem dynamischen, flüssigen Kampf zu stehen, der dich ständig fordert und bei dem jeder Move sitzen muss. Das funktioniert nur, wenn du trainierst, so wie ein echter Ninja. Wenn jeder deiner Bewegungen und Angriffe sitzt, wenn du genau weisst, was die nächste Attacke auslöst, wenn du im perfekten Rhythmus deine Kombos landest, dann fühlt es sich wie pures Flow-Gaming an.

Musashi ist ein Ninja, wie er im Buche steht: Doppelsprünge, Wall-Runs, Ninpo-Magie und Kunai. Die Levels mischen Kampf und Plattforming, und Lizardcube liefert die erwartete visuelle Wucht mit wunderschönen, handgezeichneten 2D-Grafiken. Jeder Gegner ist wundervoll animiert, jede Bewegung lesbar. Besonders clever: Moves dienen oft auch der Positionierung. Eine Luft-Kombo hält dich in der Schwebe, ein schwerer Angriff bringt dich wieder runter, Kunai unterbrechen Attacken im Keim. Kombinierst du alles, katapultierst du Gegner übers halbe Spielfeld und kassierst dabei sogar Heilung und Munition.

Die ersten Levels sind eine perfekte Einführung. Man lernt Schritt für Schritt die grundlegenden Moves und Combos, die dich durchs ganze Spiel tragen. Nicht überladen, aber clever erweitert, so dass man nie ins Stolpern gerät. Das Ergebnis: Kämpfe, die vom Start weg spektakulär aussehen und sich unglaublich gut anfühlen. Und jedes Mal, wenn du denkst, du hättest alles drauf, kommt ein neuer Gegnertyp oder eine neue Fähigkeit, die das Spiel wieder auf den Kopf stellt.

Natürlich ist das alles fordernd. Fehler werden gnadenlos bestraft. Scheiterst du, liegt es aber immer an dir und nicht am Design. Das motiviert, besser zu werden. Und wenn dann noch diese besonderen Momente auftauchen, wie ein Hubschrauber, der dich durch die Stage jagt, ein brennender Turm, den du im Sprint erklimmen musst, oder eine Verfolgung auf dem Rücken deines treuen Wolfs, dann fühlt sich Shinobi: Art of Vengeance plötzlich so intensiv an wie ein spielbarer Actionfilm.

Die Bosskämpfe sind das Sahnehäubchen. Kein Dark-Souls-Niveau, aber dennoch knackig genug, um dich in Schach zu halten. Es geht um Muster lernen, Scheitern, neu ansetzen und wenn du den Dreh raus hast, folgt der fast makellose Sieg. Jeder Bossfight ist ein kleiner Zen-Moment zwischen Ragequit und Ekstase. Besonders der finale Boss ist ein Test für alles, was du während des gesamten Spiels gelernt hast. Ein echter Pulsbeschleuniger. Aber keine Bange, diverse Komfort-Optionen machen das Spiel auf Wunsch merklich einfacher, so dass auch Ninja-Neulinge ihren Spass haben werden.

Eine mutige Design-Entscheidung ist die Metroidvania-Struktur der Levels. Klingt erstmal spannend, bremst meiner Meinung nach aber den Rhythmus immer wieder aus. Oft fühlt sich das Backtracking eher nach Pflichtübung an, als nach organischer Erkundung. Klassisch aufgebaute, lineare Levels hätten den Kämpfen mehr Fokus gegeben und die Dynamik erhöht. Motzen auf hohem Niveau und höchstens ein kleiner Kratzer im Lack, denn abseits davon gibt's nichts zu meckern.
Fazit:
Shinobi: Art of Vengeance ist kein Nostalgie-Trip für Alt-SEGA-Romantiker, sondern ein modernes Ninja-Workout für Finger und Reflexe. Kämpfe, die süchtig machen, Bewegungen so flüssig wie ein Parkour-Lauf, ein Artstyle, der an Streets of Rage 4 erinnert, und Highlights, die mich grinsen lassen wie ein Teenager vorm Arcade-Automaten. Klar, die Metroidvania-Struktur stolpert hier und da über ihre eigenen Stiefelriemen, aber wer sich von ein bisschen Backtracking oder ein paar unfairen Passagen den Spass verderben lässt, hätte in den 80ern wohl schon nach der ersten Münze aufgegeben. Unterm Strich ist Shinobi: Art of Vengeance nach über zehn Jahren Funkstille ein absolut furioses Comeback für Joe Musashi. Schneller, härter, stylischer! Ich könnte nicht glücklicher sein.

Shinobi: Art of Vengeance ist für PlayStation 4 und 5, Xbox One und Series X|S, Nintendo Switch und Switch 2 sowie den PC erhältlich. Wir haben das Spiel auf dem PC und der PS5 getestet. Das Test-Muster stammt von SEGA, wofür wir uns herzlich bedanken!









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